Im Naturpark bei El Chorro

Paraje Natural Desfiladero de los Gaitanes

Dieses abwechslungsreiche Naturschutzgebiet ist eine beeindruckende Mischung aus faszinierend ursprünglicher Natur und einem von Menschenhand errichteten Stauseensystem. Die unzähligen Becken und Seen, die über Flüsse, Tunnel und Röhren miteinander verbunden sind und über eine Vielzahl von Turbinen Strom erzeugen, bilden eine der wichtigsten Hydraulikanlagen Andalusiens. Aber gerade diese vielen Wasserflächen verleihen der an sich schon großartigen Landschaft einen ganz besonderen Reiz.

Einige Fakten

Der Río Guadalhorce hat in die Kalksteinfelsen der Sierra de la Pizarra und der Sierra de Huma eine beeindruckende Schneise gespült, deren steile Wände mitunter 400 Meter in die Höhe ragen. Vielen bekannt ist vor allem die Garganta de El Chorro, ein nur wenige Meter breiter Einschnitt in eine senkrechte Felswand. Lange Zeit war dieses schwer zugängliche Terrain unter der Herrschaft der bandoleros héroes, der aufsässigen Mozarabern, wie die zur arabischen Kultur konvertierten Christen genannt werden. Schließlich hat sich im zehnten Jahrhundert hier ein regelrechtes Rebellenzentrum gebildet, als sich unter Omar Ibn Hafsum die mozárabes und andere islamische Gruppen gegen das Emirat in Córdoba stellten. Sie gründeten ganz in der Nähe die Enklave Bobastro, deren archäologisch wichtigen Überreste immer noch besichtigt werden können. Heute ist in dieser Region eines der größten Wasserreservoirs Málagas und einer der wichtigsten hydraulischen Stromerzeuger Andalusiens zu finden. Ein System aus fünf großen Stauseen und mehreren kleineren Becken, bildet ein imposantes Wasserkraftwerk, das aber nicht nur Wasser und Strom liefert, sondern auch noch die unteren Regionen des Río Guadalhorce vor Überschwemmungen schützt. Einer dieser Seen ist der Embalse del Gaitano, welcher Teil des 2.178 Hektar großen Naturschutzgebietes ist, das 1989 von der Junta de Andalucía als solches deklariert worden war.

Faszination Bergwelt

Um von Málaga zum Paraje Natural Desfiladero de los Gaitanes zu gelangen, bot sich die Autobahn A-357 in Richtung Campanillas an, welche direkt in die Landstraße mit gleicher Nummer mündete, die mich nach Ardales und zu den Stauseen führte. Ich wählte diese Strecke, da ich glaubte, sie sei einfacher zu finden, als jene über Álora. Die Straße war jedenfalls schnell zu erreichen und gut ausgebaut, und so gelangte ich zügig ans Ziel. Bei Ardales folgte ich den Schildern zu den Stauseen und nach El Chorro. Schon bald erreichte ich die Ausläufer des ersten Stausees, die ruhig das Tal zwischen den sanften Hügeln bedeckten. Gleich packte mich die Besonderheit des Wassers, die Landschaft wie ein Kaleidoskop widerzuspiegeln. Ein Effekt, der die angenehme Farbenpracht der Andalusischen Natur noch intensiver erscheinen ließ. Gleichzeitig strahlte die sanft gewellte Oberfläche eine angenehme Ruhe aus. Schon hier, gleich am Anfang der Tour, lockte die wundervolle Stimmung zum Verweilen. Doch es sollte noch viel schöner werden.

Die Landschaft an sich war durch den Regen der letzten Tage saftig und grün, der Erdboden feucht und schwer und Tautropfen ließen das frische Gras auf den Hügeln in der tiefen Sonne glänzen. Auch die Wolken, die sich rings herum wild umeinander gesellten, gaben der ganzen Atmosphäre einen noch größeren Kontrast und erinnerten mich daran, dass jetzt eigentlich Winter war, der aber, wie jedesmal, mehr an den Frühling erinnerte. Alles spross, die Mandeln blühten und der dunkelrote Boden war mit einem grünen Teppich bedeckt. Doch ein paar Kurven weiter sollte diese beruhigende Natur durch weitere Wasserspiele noch mehr bereichert werden.

Inzwischen war ein leichter Wind aufgekommen, der das Wasser fein kräuselte, sodass die Spiegelungen auf der Oberfläche verschwanden. Dafür wurde die Farbe des Sees kräftiger und verwandelte den Wunderspiegel in einen wahren Farbensee. Jetzt schmiegte sich kräftiges Blau oder leuchtendes Grün in die Felslandschaft, je nach Blickwinkel und Lichteinfall. Eine wahre Idylle, um diese Jahreszeit auch durch das Fehlen großer Touristenmassen ungetrübt. Wunderschön besonders war immer wieder der Blick von oben durch die Bäume hindurch auf die farbige Wasserfläche. Aber meine Fahrt ging weiter, zunächst bis zur ersten Staumauer, welche den oberen Conde de Gaudalhorce-See vom tiefer liegenden Gaitanejo-See trennte. Restaurants und Cafes luden zum Pausieren ein, jetzt in der Winterzeit waren allerdings nicht alle Einrichtungen geöffnet. Dafür war der Blick von der Staumauer um so hübscher. Auf der einen Seite auf den ruhigen See mit idyllischem Pavillon im Hintergrund, auf der anderen Seite in die tiefe Schlucht, umrandet von stattlichen Eukalyptusbäumen, die ihre luftigen Arme weit über die Tiefe streckten.

Nun genug der Stauseen, ich hatte mir vorgenommen, auch noch die Ruinen von Bobastro und die Garganta de El Chorro anzusehen, doch möchte ich unbedingt erwähnen, dass ein Wanderweg, der Sendero del Gaitanejo, noch näher an den Gaitanejo-See und die Schlucht führt. Für mich galt es aber jetzt, weiter zu fahren, um mich nun dem bergigen Teil des Naturparks zu widmen. Ich fuhr also am Stausee entlang zurück bis zum Abzweig nach El Chorro. Dort bog ich ab und folgte der Straße direkt in die Berge. Hier zeigte sich wieder einmal die unwahrscheinliche Vielfalt der Andalusischen Landschaften. Die Reise ging durch tiefe Täler, bewaldet mit Pinien und umrandet von schroffen Bergen. Diese waren aber nicht alle gleicher Art. Auf der einen Seite standen kantige und steile Felsen , während andere Teile gefüllt waren mit runden, von Wind und Wetter ausgewaschenen Kolossen, dazwischen Mandel- und Olivenhaine.

Nach wenigen Kilometern traf ich auf den Abzweig nachBobastro, ein Abstecher, den sich ein Besucher des Naturparks nicht entgehen lassen sollte. Zunächst bin ich bis nach oben gefahren, um mir einen Überblick zu verschaffen, und den bekommt man dort wahrhaftig! Es eröffnete sich eine unwahrscheinliche Weitsicht. Nach Westen auf die sanften Hügel und Berge, die ich gerade durchquert hatte, nach Osten hinüber zu den wuchtigen Gipfeln der Sierra de Huma. Daneben dann weit in die Berge in Richtung Málaga, und wenn ich es richtig gesehen habe, müsste im Hintergrund in beinahe 100 Kilometer Entfernung sogar der Maroma zu sehen gewesen sein. Ganz unten im Tal konnte ich dann noch aus schwindelerregender Höhe El Chorro betrachten, die letzte Etappe meiner Tour. Doch vorher wollte ich noch die Ruinen von Bobastro besuchen.

Diese lagen auf dem Rückweg zur Straße nach El Chorro. Nur ein kaum mehr lesbares Schild mit der Aufschrift ‘Iglesia Mozarabe – 300 mts‘, welches ich zum Glück auf der Hinfahrt gesehen hatte, verriet mir mein Ziel. Ein kleines steinernes Treppchen kennzeichnete den Beginn eines antiken Trampelpfades, der kreuz und quer in die Natur führte. Zwischendurch ging noch ein Abzweig zu alten arabischen Mauerresten, doch ich wollte mir lieber die Überreste der christlich-arabischen Kirche ansehen. Viel war nicht mehr übrig, aber was dort stand war in der Tat bemerkenswert und mit Sicherheit von archäologischer Bedeutung. Offensichtlich wurde dieses Gebäude zumindest teilweise direkt aus dem Felsen gehauen. So sah ich von der einen Seite die Reste einer Kirche, soweit man es aus dem Grundriss und der gemalten Tafel vor dem Gebäude erkennen konnte. Ging ich aber um die Ruine herum, befand ich mich einfach auf einem Felsen in der Landschaft. Nichts deutete von jener Seite darauf hin, dass hier ein Monument zu finden war. Überhaupt wunderte ich mich, dass in dieser nur schwer erreichbaren Bergregion eine Ansiedlung zu finden war. Eine Tafel am Eingang erklärte aber, dass sich hierOmar Ibn Hafsum mit einigen Mozarabern, wie die arabisierten Christen genannt wurden, und anderen arabischen Gruppen eingenistet hatte, um gegen das Emirat in Córdoba zu rebellieren. Dafür war die abgelegene Lage natürlich hervorragend geeignet. Wieder um eine Detail andalusischer Geschichte bereichert machte ich mich nun auf den Rückweg, und erste Regentropfen, die aus den immer dichter werdenden Wolken herabtröpfelten, ließen mich meine Schritte beschleunigen. Doch es waren zum Glück nur kleinere Vorboten, und am Auto angekommen zeigte sich die Sonne wieder.

Also ging es weiter, zurück zur Straße nach El Chorro und danach mitten durch die Berge. Nach einer kleinen Weile führte der Weg durch ein Tal, an dessen einer Seite eine Felsformation besonderer Art auftauchte, der ganze Berg bestand aus beinahe senkrecht aneinander gestellten Schichten, offensichtlich massiv aufgeworfen. Diese Schichten endeten dann mit einem Schlag in einer steil aufragenden Wand. Und mitten in dieser Felswand war jener nur wenige Meter breite Einschnitt, die bekannte Garganta de El Chorro. Leider sind auf der Straße an dieser Stelle keine Parkplätze, und so blieb nur der Straßenrand am Felsen, der allerdings bei Regen gemieden werden sollte, denn Steinschlag ist hier unübersehbar an der Tagesordnung. Aber noch war alles trocken, auch wehte kein Wind und so parkte ich am Straßenrand, ging auf die andere Straßenseite und bewunderte dieses einmalige Naturschauspiel. Vor vielen Jahrzehnten war einmal ein Wanderweg entlang der steilen Felswand angelegt worden, der allerdings meines Erachtens nicht mehr begehbar ist. Teile sind schon gar nicht mehr vorhanden und der Rest ist absolut baufällig. Aber die alte Brücke mitten in der Schlucht gab meinem Auge einen interessanten Anhaltspunkt zum Größenvergleich. Auch optisch regte der Anblick dieser romantisch baufälligen Konstruktion meine Fantasie an, und im Geiste ging ich auf diesem gespenstischen Weg spazieren. Allerdings reichte mir hier die Vorstellungskraft, keinesfalls wollte ich es den wagemutigen Kletterern gleichtun, die sich unweit davon entfernt einem tiefer gelegenen Abschnitt der Wand stellten.

Abschließend stattete ich dem kleinen Ort El Chorro, der sich rund um eine Bahnstation gruppierte, noch einen Besuch ab. Auch hier war die Winterruhe eingekehrt, nur ein paar Kletterfreunde und wilde Camper am Seeufer brachten ein wenig Leben in das Nest. Das Wetter verschlechterte sich inzwischen immer mehr und ich hatte keine Lust bei Regen an den steilen Berghängen entlang zu fahren, mir lagen schon jetzt zu viele größere und kleiner Steine auf der Fahrbahn. So verließ ich die Schlucht und fuhr noch durch wundervolles andalusisches Hinterland mit knorrigen Olivenbäumen und einem dunklen Erdreich, das mit saftigem Grün bedeckt war, nach Hause.

Zu guter Letzt

Manchmal frage ich mich, wie viele Naturschönheiten noch in diesem Andalusien versteckt sind. Und dabei hat jede wieder ihren eigenen Reiz. Dieses Mal war es wohl der besonders reizvolle Effekt des Wassers, der für dieses Land nicht unbedingt stellvertretend, aber eben doch an verschiedenen Stellen vorhanden ist . Die durch das Nass erzeugte Fruchtbarkeit lässt auch wieder ahnen, warum Andalusien ‘das Liebliche’ genannt wird. Kaum ist Wasser vorhanden, blüht alles auf, wird bunt und frisch, und die hohen Berge, die schroff und starr in die Höhe ragen, werden in dieser weich-grünen Umgebung majestätisch sanft. Und so muss ich auch wieder feststellen, dass der Winter und der Frühling einfach die schönste Zeit für Reisen ins andalusische Inland sind. Nur das Wetter kann einem dann manchmal einen Strich durch die Rechnung machen. Aber zum Glück nur manchmal.

Alle Reiseberichte aus Málaga & Provinz: