Im Landkreis Antequera liegen zwei der interessantesten Naturparks Andalusiens. El Torcal, ein „Felsenmuseum“ mit Skulpturen, die in einem unermesslichen Zeitraum von Wasser und Wetter aus dem Felsen gehauen worden waren, sowie die Lagune von Fuente de Piedra, eine der größten Flamingo-Brutstätten in Europa. Dazu kommt noch eine weitere erstaunliche Sehenswürdigkeit, die Dolmen von Antequera, wichtige Zeugnisse der Megalithkultur, errichtet vor rund 4.500 Jahren.
Diese drei Sehenswürdigkeiten, welche in der Umgebung von Antequera zu finden sind, haben eine interessante Kette von Verbindungen. Beginnend mit den Dolmen von Antequera, die vor rund 4.500 Jahren von Menschenhand aus teilweise riesigen Felsblöcken errichtet wurden, verbindet sie das Material, der Kalkstein aus einem 1 km entfernten Berg, mit dem gigantischen Felsenmeer von Torcal. Auch dieses ist aus Kalkstein geformt, nur diesmal nicht von Menschen, sondern von Wind und Wetter. Ein weiteres besonderes Merkmal dieser Formation wiederum ist die Ansammlung vieler großer und kleiner Vögel, sodass El Torcal nicht nur zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, sondern auch speziell zum Schutzgebiet für Vögel. Diese stellen nun die Verbindung zum dritten Reiseziel dar, der Lagune von Fuente de Piedra, Brutplatz für Flamingos, die aber auch außerhalb der Brutzeiten dort zu finden sind, nur nicht in so großem Mengen.
Der Einfachheit halber werde ich mich an diese Reihenfolge halten, und beginne mit den Dolmenes de Antequera. Sehenswert, weil sie ein Zeugnis menschlicher Baukunst aus frühester Zeit sind, wobei teilweise unglaublich große Felsbrocken bewegt wurden, um diese zu erbauen. Diese Dolmen sind sogenannte Ganggräber, errichtet aus kleineren und größeren behauenen Felsen, die dann mit Erde überschüttet wurden, sodass sie zu künstlichen Hügeln wurden. Das jüngste von ihnen, der Dolmen de Romeral, wurde ca. 1.800 v. Chr. errichtet und liegt etwas außerhalb von Antequera. Dieses Grab wurde, im Gegensatz zu den anderen beiden, aus normalen Steinen gemauert. Das zweitjüngste, der Dolmen de Viera, stammt aus der Zeit um 2.000 v. Chr., erstellt aus gehauenen Steinquadern, die schon von beeindruckender Größe sind. Das dritte und älteste, ungefähr 2.500 v. Chr., ist das beeindruckendste. Der Dolmen de Menga ist 25 Meter lang, 2,7 Meter hoch und misst an der breitesten Stelle 6,5 Meter. Die riesigen Steinquader der Decke werden von drei mächtigen Säulen getragen. Der hintere und größte Quader der Decke wiegt alleine 180 Tonnen und wurde auf Baumstämmen von einem 1 Kilometer entfernten Berg herüber geschafft. Diese beiden Dolmen liegen direkt am Stadtrand von Antequera in Richtung Granada. Bei unserem Besuch war der Dolmen de Romeral entgegen den Öffnungszeiten des Informationsbüros leider geschlossen. Aber die anderen konnten wir auch am Nachmittag besichtigen. Wer sichergehen möchte, sollte sich die Dolmen als erstes vornehmen, dann sind sie wahrscheinlich geöffnet. Außer Montags und Dienstags, da sollen sie geschlossen sein.
Ganz anders das Naturschutzgebiet El Torcal, das ich bisher immer betreten konnte. Laut Liste existieren auch keine Öffnungszeiten, wobei die Zufahrt mit einer Schranke versehen ist, die bisher jedoch immer geöffnet war. Alleine die Fahrt dorthin ist begeisternd, besonders wenn die Landstraße C-3310 von Málaga aus genommen wird. Schneller geht es allerdings über die Autobahn nach Antequera und von dort die 10 Kilometer zurück ins Gebirge. Von der Landstraße führt die erwähnte Zufahrt dann hinauf auf den Berg. Einfach der Straße folgen, sie führt zu einem großen Parkplatz mit Besucherzentrum. Dieses wird zur Zeit renoviert, sodass die dort gebotenen Informationen und Serviceleistungen, wie Restaurant und Toilette, nicht genutzt werden können. Bis zum Sommer dürfte es allerdings wieder in Betrieb sein. Vom Parkplatz aus führen mehrere Wanderwege durch das Gelände. Wir haben uns für den „Grünen Weg“ entschlossen, welcher der kürzeste und einfachste ist, und daher von den meisten Besuchern benutzt wird. Dieser Weg ist rund 1,5 Kilometer lang und soll in 45 Minuten zu bewältigen sein, aber dann bleibt nicht viel Zeit zum Umsehen. Er bietet einen umfassenden Überblick über das, was dieses Naturschauspiel bietet.
Besonders wenn man zu Zeiten geht, in denen nicht so viele Besucher da sind, wie es gerade im Winter der Fall ist. Dann besteht auch eine gute Chance, nicht nur Felsen, sondern auch Tiere beobachten zu können. So begegneten wir einer stattlichen Herde von Bergziegen, die zwischen den Felsen herumkletterte. Doch das wirklich interessante an dieser Landschaft sind in der Tat die beeindruckenden Felsformationen. Nicht umsonst wurde El Torcal schon im Jahre 1929 zu einer Naturlandschaft mit besonderem nationalem Interesse erklärt, dann 1978 zu einem Naturpark und 1989 schließlich zum Paraje Natural. Und so bestehen auch Regeln für den Besuch des Parks. Man soll keinen Müll hinterlassen, die Tiere nicht stören und schon gar nicht jagen, statt dessen leise sein, nicht dort Campen, außer mit Erlaubnis, und die Pflanzen nur fotografieren und nicht mitnehmen. Und das ist auch richtig, so bleibt diese faszinierende Landschaft erhalten.
Entstanden ist dieses Felsenmuseum über unzählige Jahrtausende, zunächst als Meeresgrund gelegt, danach geformt durch Wasser und Eis und schließlich von Wind und Wetter mit dem letzten Schliff versehen. Als ich in dem spanischen Faltblatt gelesen hatte, dass die Grundlage wohl in der Jurazeit (período jurásico) gelegt wurde, fiel mir gleich „Jurassic Park” ein. So kommt man sich tatsächlich vor, wie in einem riesigen Park voller urzeitlicher Ungetüme, nur eben aus Stein. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dem Fotografen erst recht nicht, immer neue Perspektiven, immer andere Objekte, die reinste Traumlandschaft.
Doch ist dieses Felsenmeer tatsächlich auch Heimat vieler Reptilien, Säugetiere, Insekten und Vögel. Dazu noch viele verschiedene Pflanzen, die sich zwischen den kargen Felsen behaupten. Ein Paradies für jeden Natur- und Wanderfreund. Dabei spielt es beinahe keine Rolle, ob „gutes“ oder „schlechtes“ Wetter ist, denn das gibt der Landschaft nur wieder eine andere, faszinierende Stimmung. Ich habe El Torcal schon bei Regen erlebt, als Wolkenfetzten gespenstisch durch die Spalten huschten, bei strahlendem Sonnenschein, der die Felsen in schönstem Glanz erstrahlen ließ, oder auch bei bewölktem Himmel, wenn Stein- und Wolkenfelsen sich vermengten. Nur vor Nebel wird gewarnt, bei dem Sie sich in diesem Labyrinth leicht verirren können. Sie merken schon, Andalusiens „Jurassic Park“ hat es mir angetan, und ich werde sicher noch öfter dort hin kommen.
Doch nun zum dritten Teil, der Lagune von Fuente de Piedra. Zum Brutplatz für Flamingos ist sie geworden, nachdem die Lagune als Saline genutzt wurde, und die Flamingos jetzt die Möglichkeit hatten, ihre Bruthügel im dadurch flacheren Wasser anzulegen. Das war den Betreibern allerdings gar nicht recht, wurde das Salz doch durch den Kot der Vögel verunreinigt. Vor einigen Jahren wurde der Salinenbetrieb jedoch eingestellt, und so konnten die Flamingos dort seitdem ungestört brüten. Zu sehen gibt es eigentlich immer einige dieser fremdartigen Vögel, mal mehr, mal weniger, je nach Jahreszeit und Wasserstand. Doch sollte ein gutes Fernglas und zum Fotografieren ein gutes Teleobjektiv und Stativ mitgebracht werden, denn Besucher werden logischerweise auf Distanz gehalten, um die Vögel nicht zu stören. Doch die Belohnung liegt in der Faszination, solche exotischen Tiere eben nicht im Zoo oder im Fernsehen sondern in ihrem wirklichen Lebensraum beobachten zu können. Auch dies wieder etwas für Naturfreunde.
Es gibt natürlich noch mehr zu sehen, rund um Antequera. Zum Beispiel noch die Schlucht Garganta del Chorro, oder den schönen Stausee von Guadalhorce. Doch diese drei Sehenswürdigkeiten sind mit die interessantesten und lassen sich auch gut zu einem Tagesausflug kombinieren. Route und Reihenfolge können beinahe beliebig kombiniert werden, zu beachten ist nur, dass die Dolmen besser Vormittags erreichbar sind. El Torcal sollte aber auch nicht unbedingt über Mittag besucht werden, denn die Felsen werden bei schrägem Sonnenlicht plastischer. Für die Mittagspause bietet sich jedes der zahlreichen Gasthäuser an den Landstraßen an, um den Ausflug genussvoll abzurunden.
Tourismusbüro Antequera:
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29200 Antequera
Tel.: 952 702 505
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