Almuñecar – Symbiose aus Historie und Tourismus

In einem Reiseführer wird Almuñecar als ein Touristenort mit Atmosphäre beschrieben, wenn auch nicht unbedingt andalusischer, sondern internationaler Art. Der erste Eindruck bestätigt dies, wobei der Kern selbst sehr wohl andalusischen Charme versprüht, besonders durch die typische, weiß gehaltene verschachtelte Altstadt, die sich um die Reste der altertümlichen Festung herum gruppiert. In den neuen Teilen entlang des in zwei große Buchten geteilten Strandes trifft man hingegen auf den beschriebenen internationalen Flair, der jedoch meist nicht so ’bauwütig‘ erscheint, wie in vielen anderen Touristenmetropolen der spanischen Küste.

Alte Traditionen

Almuñecar kann wie die meisten größeren Städte Andalusiens auf eine lange Geschichte zurückblicken, die schon in der Bronzezeit beginnt. Anschließend haben die Phönizier den Ort kultiviert, eine florierende Pökelindustrie aufgebaut und sogar eine eigene Währung eingeführt. Das gefiel den Römern, die sich als nächste in Almuñecar niederließen und dem Ort Tempel, Theater und vor allem die klassische römische Wasserversorgung bescherten. Teile der aufwendigen Aquädukte sind bis heute erhalten. Im Jahre 755 landete Abd Al-Rahman I. gerade hier in Spanien. Er erklärte später Cordoba zu einem von Bagdad unabhängigen Emirat und begründete damit eine Epoche in Al-Andalus, die wir heute noch in den vielen in ganz Andalusien verstreuten arabischen Altertümern bewundern können. Doch die Geschichte nahm ihren Lauf, und so wurden die Araber, die Almuñecar wiederum mit ihrer Kultur ihre Prägung geben hatten, schließlich von den Katholischen Königen besiegt, die hier am Ort die Araber die Kapitulationsurkunde unterschreiben ließen, mit der sich schließlich die ganze Küstenregion Granadas ergeben hatte. Danach diente die Burg des Ortes noch als wichtiger Grenzposten der Küste und wurde während des Unabhängigkeitskrieges sogar von der englischen Flotte unter Beschuss genommen. Inzwischen sind es aber besonders jene Landsleute, welche Almuñecar gerne besuchen und zusammen mit den vielen anderen Touristen diese internationale Atmosphäre erzeugen, die aus dem ehemaligen Fischerort mit Pökelindustrie ein beliebtes Urlaubsziel gemacht haben.

Zwischen ächzenden Ruinen und krächzenden Papageien

Mein erstes Ziel war, wie gewohnt, das Tourismusbüro der Stadt, um mich mit aktuellem Material auszustatten. Doch der gut ausgeschilderte Weg dorthin war durch eine große Baustelle versperrt, was sich im Nachhinein jedoch als Vorteil erwies, denn auf der Umleitung fand ich endlich einen kostenlosen Parkplatz. Also suchte ich anschließend das Büro zu Fuß und fand es in einem wunderschönen maurischem Bauwerk, dem kleinen La Najarra Palast. Dort erhielt ich einen aktuellen Stadtplan und einige kleine Broschüren und konnte mich gleich im gemütlichen Palastgarten hinsetzten, die ergatterten Prospekte studieren und mir Ziele für die Besichtigung setzen.

Zunächst ging ich hinunter zum Paseo de las Flores, um von dort zum Peñon del Santo zu gelangen, einem Felsen, der sich im Wasser vor der Stadt erhebt. Es ging vorbei an bunten Fischerbooten, die sich malerisch vor dem Felsen gruppierten. Vereinzelte Fischer kümmerten sich redlich um ihre Boote und Netze, während andere ihre Schiffe unbekümmert verrotten ließen. Dazwischen vernachlässigte Sport- und Ruderboote, die vielleicht vergeblich auf die nächste Saison warteten. Eine kleine Katze beäugte mich skeptisch, als ich nach einem kleinen Rundgang durch die verstreuten Netze und Reusen wieder vom Strand zur Promenade zurückkehrte. Von dort ging es hinauf auf den erwähnten Felsen, der einen überaus ansprechenden Rundblick auf die Stadt und das Meer bot. Nicht umsonst war dieser Vorsprung früher durch eine Brücke mit dem Burgfelsen verbunden.

Jetzt hatte ich mir das Castillo de San Miguel vorgenommen, so heißt die Festung, die auf dem Felsen über Almuñecar thront. Der Weg dorthin führte vorbei am Papageien- und archäologischen Park und danach über eine steile Serpentine bis hinauf zum Gipfel. Ein Teil der Straße zog sich unterhalb der Burgmauer entlang, welche schon einen ersten Eindruck von der Größe der Anlage vermittelte. Oben angelangt ging es über eine Brücke, die den Graben vor der Mauer überquerte, zum Haupttor. Auffallend der schiefe Turm, der wohl vor einiger Zeit vor dem Tor abgesackt war. Die Festung selber war leider nur noch als Ruine vorhanden. Außer der Mauer, die zum Teil wieder neu errichtet worden war, und einigen Türmen, fand ich meist Grundmauern der ehemaligen Räumlichkeiten. Besonders den ehemaligen maurische Palast konnte ich nur noch mit Phantasie in seinen Grundrissen erfassen. Trotzdem hatte die Burg einen gewissen Reiz, nicht nur wegen der häufig beliebten ’Ruinenromantik‘, sondern auch wegen der schönen Aussicht, und besonders wegen des kleinen Burgmuseums, in welchem sich einige interessante antike Fundstücke befanden und insbesondere mehrere aufwendig gestaltete Modelllandschaften von Almuñecar in den verschiedenen Epochen. Beim weiteren Spaziergang stieß ich dann noch auf eine runde, vergitterte Öffnung im Boden, eine Zisterne, wie ich zunächst vermutet hatte. Ich warf einen Blick hinein, konnte aber in der Dunkelheit kaum etwas erkennen. Also fotografierte ich spaßeshalber einfach mit dem Blitz ins Dunkle und das Ergebnis ließ mich doch etwas erschauern. Auf dem Grund verstreut lagen menschliche Gebeine. Ein Blick in den kleinen Prospekt beruhigte mich jedoch mit dem Hinweis, dass es sich hierbei um Repliken dort gefundener Knochen handelte, die in jenem ehemaligen maurischen Kerker lagen, der sieben Meter tief in den Felsen geschlagen worden war. Leider hatte sich zu den historischen Artefakten inzwischen auch moderner Unrat gesellt, welcher dem Ganzen leider ein wenig die Würde nahm.

Inzwischen war es Mittag geworden und ich musste den Besuch des archäologischen Museums, welches im Eintrittspreis der Burg eingeschlossen war, auf den Nachmittag verschieben. So bot sich jetzt ein Gang durch die Stadt an, erst quer durch die Altstadt, vorbei an der großen Iglesia de la Encarnación, bis hinüber zum Busbahnhof, an dessen Seite sich moderne Statuen zu einem Monumento de Agua formierten. Anschließend zur monumentalen Puerta de Almuñecar und weiter zum römischen Aquädukt, Zeugnis einer wichtigen Epoche in der wechselhaften GeschichteAlmuñecars. Jetzt ging ich wieder zurück in die Altstadt zur Plaza de la Constitución direkt am Rathaus. Dort gönnte ich mir einen Café con Leche, beobachtete die wenigen Leute, die sich zur Mittagszeit auf dem Platz befanden und ging anschließend zum östlichen Strand der Stadt an der Costa Tropical. Dieser wurde offensichtlich schon früher als die westliche Seite vom Tourismus erobert, was an der vorherrschenden Architektur deutlich zu erkennen war. Der Anblick war nicht so schick, dafür um so mehr der Blick über den beinahe menschenleeren Strand aufs Meer. So trollte ich mich dort entlang zurück zum Peñon del Santo, jenem Felsen, der dort mitten im Wasser stand. Dies war Absicht, denn direkt gegenüber befand sich der Eingang zum ornithologischen Park ’Loro Sexi‘.

Der Park machte gerade wieder auf, so dass ich als erster Besucher an diesem Nachmittag dort hinein ging. Ich weiß nicht, ob ich auch der einzige war, jedenfalls begegnete mir auf meinem ganzen Rundgang kein Mensch, dafür um so mehr Vögel, schöne, auffällige, scheue, witzige und neugierige, die laut krächzend an ihr Gitter kamen. Besonders Papageien waren natürlich in allen Formen und Farben zu finden. Von großen bunten Aras über die bekannten und schlichten Graupapageien bis zu den kleinen Grünen. Aber auch ein Käfig voller Wellensittiche, außerdem Pfauen, Kraniche, Hühner, Singvögel und was weiß ich was noch alles für gefiederte Geschöpfe. Ein lohnenswertes Ziel, besonders wenn man mit Kindern unterwegs ist.

Unweit vom Loro Sexi befindet sich der botanische und archäologische Park ’El Majuelo‘. Mitten im historischen Kern der Stadt können Pflanzen, besonders Palmen, aus allen tropischen Regionen der Erde bewundert werden. Verstreut zwischen den Pflanzen stehen viele verschiedene Skulpturen, die den Blick auf sich ziehen. Mitten im Park eröffnet sich der Blick auf die freigelegten Grundmauern der alten römischen Anlagen zur Fischpökelung. Und über allem thront wieder in ganzer Pracht die Burganlage, die golden in der Nachmittagssonne glänzt. So ist dieser Park eine weitere sehenswerte Attraktion der Stadt.

Mir blieb jetzt nur noch der Besuch des archäologischen Museums ’Cueva de Siete Palacios‘, in welchem ich wunderschöne Beispiele phönizischer Schmuck- und Handwerkskunst zu sehen bekam. Dieses kleine, aber ansprechend hergerichtete Museum zeigte mir deutlich, dass Almuñecar schon damals nicht nur ein kleines Fischerdorf gewesen ist. So war mein Besuch dieser hübschen Stadt jetzt eigentlich zu Ende, doch bei der Fahrt über den Paseo lockte mich der beeindruckende Sonnenuntergang noch einmal aus dem Auto. Einen letzten tiefen Zug guter Meerluft und ein genießerischer Blick in die aufziehende, abendlich leuchtende Bewölkung, dann ging es auf den Heimweg.

Abschluss

Almuñecar ist bestimmt ein schönes Urlaubsziel, allemal vielen anderen Urlaubsmetropolen vorzuziehen. Es gibt dort alles, von großen Hotelanlagen bis kleinen Pensionen, ohne dass der Ort an sich seinen eigenen Charakter verloren hat oder ihn womöglich ausschließlich dem Tourismus verdankt. Es ist aber auch ein hübsches Reiseziel für eine kleine Tagestour, denn alle Sehenswürdigkeiten sind attraktiv, nicht zu weiträumig und gut gepflegt. Es macht Spaß, durch die Stadt zu bummeln und immer wieder, quasi nebenbei, historischer Kultur zu begegnen. Und beides trifft auch für die Winterzeit zu, denn das Klima in Almuñecar ist angenehm gemäßigt. Nicht umsonst gedeihen dort besonders die Tropenfrüchte sehr gut. Und im Sommer locken die großen und kleinen Buchten zum Sonnen und Baden. Oft gut geschützt und teilweise für Freunde der Freikörperkultur geeignet, verteilen sich die Strände von der Stadt selber bis zum zugehörigen Ort La Herradura zwischen den bis ans Meer reichenden Ausläufern des bergigen Hinterlandes. Besonders in La Herradura kommen schließlich auch noch die Taucher auf ihre Kosten, denn dort ist die Meeresfauna besonders üppig und es gibt Tauchschulen und -zentren.

Informationen

Oficina de Tourismo
Palacete de la Najarra

Avda. de Europa s/n
18690 Almuñecar (Granada)
Tel.: 958 631 125
Fax: 958 635 007
E-Mail.: ofitur@almunecar.info
Web: www.almunecar.info
Öffnungszeiten: 10.00 – 14.00 / 17.00 – 20.00 Uhr

Sehenswürdigkeiten

Castillo de San Miguel &
Museo Arqueológico ’Cueva de Siete Palacios‘

(Barrio de San Miguel)

Öffnungszeiten:

1. Juli – 15. Sep.:
Di. – Sa.: 10:30 – 13:30 / 18:30 – 21:00 Uhr
So.: 10:30 – 14:00 Uhr
So. Nachittags & Mo. geschlossen

16. Sep. – 30. Okt. & 1. Apr. – 30. Juni:
Di. – Sa.: 10:30 – 13:30 / 17:00 – 19:30 Uhr
So.: 10:30 – 14:00 Uhr
So. Nachittags & Mo. geschlossen

1. Nov. – 31. März
Di. – Sa.: 10:30 – 13:30 / 16:00 – 18:30 Uhr
So.: 10:30 – 14:00 Uhr
So. Nachittags & Mo. geschlossen

Eintritt (Castillo & Museo):
Erwachsene: 2.20€
Kinder: 1.50€

Parque Ornitológico Botánico ‘Loro Sexi’

Öffnungszeiten:

1. Juli – 15. Sep.:
Täglich 11:00 – 14:00 / 18:00 – 21:00 Uhr

16. Sep. – 30. Okt. & 1. Apr. – 30. Juni:
Täglich 11:00 – 14:00 / 17:00 – 19:00 Uhr

1. Nov. – 31. März
Täglich 11:00 – 14:00 / 16:00 – 18:00 Uhr

Eintritt:
Erwachsene: 4.00€
Kinder & Rentner: 1.50€

Archäologischer Park ’El Majuelo‘
Eintritt frei.

(Alle Angaben ohne Gewähr!)

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