Granada – Die Stadt ist eine Dame

Es gibt einen Vers eines arabischen Dichters, der die Stadt wie folgt beschreibt: „…so komm und schau: – Die Stadt ist eine Dame, ist eines Berges Frau. – Gürtelgleich umspannt ein Fluss ihres Leibes Schimmern: – Blumenhaft an ihrem Halse die Juwelen flimmern.“ Eine passende Beschreibung, wenn dieser Charme heute vielleicht auch nicht mehr ganz so offensichtlich ist, zu sehr hat die Moderne in und besonders um Granada Einzug gehalten. So heißt es in einem Reiseführer, dass man für diese Stadt Geduld mitbringen muss. Und in der Tat, man muss sich etwas genauer umsehen, länger hinsehen, sich mitreißen lassen. Dann ist der Reiz Granadas plötzlich offensichtlich. Hier wirkt nicht immer das Ganze, mehr die vielen faszinierenden Details.

Ein bisschen Geschichte

Unter anderem Namen hat Granada eine Geschichte, die bis zu den Phöniziern zurückreicht. Damals hieß die Stadt Iliberra und wurde 500 v. Chr. das erste Mal erwähnt. Auch sie erlebte viele Herrscher: Römer, Vandalen, Ost- und Westgoten, bis sie schließlich von den Mauren übernommen wurde. Allerdings war die Stadt während all dieser Zeiten nicht von großer Bedeutung. Von den Arabern wurde in einiger Entfernung eine neue Stadt gegründet, Madinat Ilbira, in welcher der Name erhalten blieb. Sie war jetzt das Verwaltungszentrum der Provinz. Die eigentliche Stadt selber wurde jetzt unter dem Namen Qalt’at Garnata (Burg von Granada) bekannt, woraus sich der heutige Name entwickelte. Um diesen Namen rankt sich aber auch noch eine andere Geschichte, so heißt es, dass er sich von Granatapfel (Granata) herleite, weil ihre Häuser damals wie die Kerne eines Granatapfels dicht an dicht standen. Wie dem auch sei, nach dem Untergang des Kalifen von Córdoba hatte die Dynastie der Ziriden die Herrschaft der Provinz übernommen und eines der bedeutendsten Königreiche innerhalb Al-Andalus gegründet. Da Granada leichter zu verteidigen war, als die eigentliche Provinzhauptstadt, wurde der Herrschaftssitz kurzerhand dorthin verlegt. Aber auch die Ziriden blieben nicht die einzige Königsdynastie dieser Region. Nach einigem hin und her wurde die Stadt im Jahre 1238 Hauptstadt des Sultanats der Nasiriden. Dies blieb sie auch für mehr als 200 Jahre, bis Muhammad XII. vor den Reyes Católicos, der Königin Isabella I. von Kastilien und dem König Ferdinand II. von Aragón, kapitulierte und die Stadt übergab. Boabdil, der Unansehnliche, wie Muhammad XII. auch genannt wurde, spielte dabei allerdings keine rühmliche Rolle. Und so soll seine Mutter beim Rückzug zu ihm gesagt haben: „Beweine nicht wie ein Weib, was du nicht wie ein Mann hast verteidigen können.“ Jetzt hatten die katholischen Könige ihr Ziel erreicht. Mit dem Fall der Stadt Granada war die letzte Bastion der Mauren auf der Iberischen Halbinsel gefallen, das Reich war geeint und katholisch.

Granada zu Fuß

Granada kann mit dem Auto gut erreicht werden, spätestens seit den Skiweltmeisterschaften, die für 1995 geplant waren, aber wegen Schneemangels erst 1996 stattfanden. Seitdem gibt es ein gut ausgebautes Straßennetz rund um die Stadt. Einfach der Beschilderung ins Zentrum folgen und dort einen Parkplatz suchen. Ich wählte die Ausfahrt 129 Richtung Centro / Recogidas. Die Strasse ist dann allerdings ab einer Stelle für den Durchgangsverkehr gesperrt, also suchte ich mir einen Parkplatz. Einfacher wäre es vielleicht in dem anliegenden Parkhaus gewesen, aber ich fand auch so einen allerdings ebenfalls zu bezahlenden Platz. Jetzt ging es zu Fuß zunächst auf die Suche nach der Plaza Mariana Pineda, an dem sich eines der beiden Touristeninformationsbüros befindet. Dort erhielt ich einen aktuellen Stadtplan und eine kleine Broschüre in deutscher Sprache mit allen wichtigen Informationen über Granada. So gut ausgerüstet machte ich mich auf den Weg. Die freundliche Dame in jenem Büro empfahl mir außerdem zunächst mit dem Zentrum zu beginnen und mich danach dem Viertel Albaicin zu widmen. Nach einem Blick auf den Plan hielt ich diesen Rat für sinnvoll und machte mich auf den Weg.

Zunächst ging es die Calle San Matías hinauf, um zur Plaza de Isabel la Católica zu gelangen. Schon auf dieser eigentlich kurzen Straße fielen mir zwei Dinge auf, die sich im Laufe des Tages wiederholen sollten. Zum einen gibt es viele Sehenswürdigkeiten, welche aber ob der Menge nicht in den Reiseführern aufgelistet sind. Zum anderen finden sich an vielen Wänden der alten Häuser Wandmalereien, reichhaltige und pompöse Stuckarbeiten einfach nur vorgetäuscht, dafür aber farbenfroh und mit teilweise erstaunlichem Detailreichtum. Hier zeigte sich, das die Warnung meines Reiseführers gerechtfertigt war, die Stadt erschließt sich nicht sogleich auf den ersten Blick, wie es ja manch andere tun. Dafür gibt es eine Unmenge an faszinierenden Details, wie eben diese Malereien. Weiter ging es nun zum genannten Platz, auf dem eine Statue der Königin Isabel thront. Auch hier wieder der wechselhafte Eindruck. Blickt man in die eine Richtung, erblickt das Auge großartige Fassaden in historischer Pracht. Geht der Blick zurück, erinnert das aufragende Bankgebäude mehr an den alten ‘Palast der Republik’ in Berlin. Aber die Spiegelungen in den Scheiben hatten wieder ihren eigenen Reiz. Doch nun zur ersten Sehenswürdigkeit, dem Corral del Carbón, welches knapp an der Calle Reyes Católicos liegt. Das Gebäude aus maurischer Zeit war ursprünglich ein Waren- und Unterkunftshaus. Mit der Übernahme der Stadt durch die Reyes Católicos zogen die Kohlenarbeiter dort ein, worin sich auch der Name begründet. Später wurde ein Theater daraus gemacht. Das monumentale Eingangstor, der eigentliche Blickfang des Gebäudes, war leider bei meinem Besuch zugehängt und wurde gerade restauriert. Dafür wird es später um so prachtvoller sein.

Direkt gegenüber dem Corral del Carbón liegt der ehemalige Seidenmarkt, um dorthin zu gelangen, muss die Calle Reyes Católicos überquert werden. Heute wird in der Alcaicería zwar keine Seide mehr verkauft, dafür jede Menge Souvenirs und Geschenkartikel. Wer etwas in dieser Art sucht, wird spätestens hier fündig. In kleinen Gassen, zu schmal für irgendwelche Fahrzeuge, reihen sich Geschäft an Geschäft, geschmückt durch maurische Stuckbögen und gefüllt mit Leben und Geschäftigkeit. Am anderen Ende der Alcaicería befindet sich die Kathedrale und die königliche Kapelle, ein zentraler Knotenpunkt, der aus allen Richtungen leicht wiederzufinden ist. Mächtig erhebt sich das prunkvolle Gebäude und ragt mit seinem Glockenturm hoch über die Dächer der Häuser. Einige der Häuser auf dem Platz vor der Kathedrale wurden ebenfalls mit Malereien geschmückt, deren eingemaltes Datum das Jahr 1540 angibt, nicht viel jünger, als die Kathedrale selber. Auf dem Gang durch die Gassen begegneten mir allerdings noch andere Wandmalereien, Graffitis, teils die üblichen Schmierereien, oft aber auch Bilder von beachtlicher Qualität, die, scheinbar sogar erwünscht, hässliche Betonwände und Gerüstsockel schmückten. Schließlich wandelte ich noch über die Plaza de Bib-Rambla, einen belebten großen Platz mit bunten Blumenständen und einladenden Restaurants, um danach eine kleine Mittagspause einzulegen.

Am Nachmittag hatte ich mir das Albaicin-Viertel vorgenommen, wie es mir am Vormittag empfohlen worden war. Ich erreichte es über die Calle Reyes Católicos, die auf die Plaza Nueva mündet, an der sich die Real Chancillería, die Kirche Santa Ana und das Museo San Juan de Dios befinden. Von dort führt die Carrera del Darro an einem kleinen Fluss entlang. Dieser Fluss verschwindet interessanterweise unter der Plaza Nueva, um danach unterirdisch durch die Stadt geleitet zu werden. Doch zurück zur erwähnten Strasse. Auch hier wieder viele Häuser mit Wandmalereien, dazwischen El Bañuelo, ein arabisches Badehaus aus dem 11. Jahrhundert und das Casa de Castril, in welchem sich das Archäologische Museum befindet. Weiter geht es über den Paseo del Padre Manjón mit schönem Blick auf dieAlhambra und den Fluss darunter. Würde man dem Paseo weiter folgen, gelänge man zum Casa del Chapriz und dahinter zum Sacromonte. Dort befinden sich die bekannten Höhlenwohnungen; in einigen finden heutzutage Flamencoveranstaltungen statt. Diesmal wollte ich allerdings noch das Albaicin-Viertel mit seinen schmalen und gewundenen Gässchen erkunden, außerdem noch rechtzeitig den Mirador de San Nicolás erreichen, der sich ebenfalls in diesem Viertel befindet. Nach einem steilen Anstieg durch die Sträßchen habe ich diesen Aussichtspunkt erreicht und konnte den atemberaubenden Blick auf die Alhambra genießen, zumal sie genau in diesem Moment auch noch im Sonnenlicht erstrahlte. Ein lohnenswerter Anblick, der zwar schon auf unendlich vielen Bildern und Postern abgelichtet worden ist, aber „real“ immer noch einen tiefen Eindruck hinterlässt.

Zurück zum Zentrum bin ich entlang der alten Stadtmauer gelaufen, empfehle allerdings den äußeren Weg zu nehmen, nicht wie ich den inneren, vermutlich wird jener ansehnlicher sein. Auch vom Palacio Dar al-Horra habe ich nicht viel zu sehen bekommen, offensichtlich war der Weg zwischen Mauer und Palast nicht die vorgesehene Route, aber mir blieb nicht genug Zeit, das ganze Stück noch einmal zurück zu gehen. So gelangte ich durch abgelegene und verwinkelte Wege, Treppen und Gassen schließlich wieder zur Gran Via de Colón, ziemlich genau an der Kathedrale. Inzwischen war die Sonne weiter gesunken und ließ die Kathedrale majestätisch leuchten. Auf dem Weg zu meinem Wagen überquerte ich noch einmal die Plaza Bib-Rambla und traute meinen Ohren nicht. Dort war ein unglaublicher Lärm, er stammte von hunderten, wenn nicht gar tausenden von Spatzen, die sich in den Bäumen rund um den Platz versammelt hatten. Überall saßen diese frechen Vögelchen und schwatzten munter durcheinander. Nur ein heftiger Knall einer herabfallenden Kiste ließ sie für einen Moment verstummen. Plötzlich war alles mucksmäuschenstill. Doch schon nach wenigen Sekunden begann das Geschäkere aufs Neue.

Resümee

Granada ist eine beeindruckende Stadt, die sich von den anderen Metropolen Andalusiens deutlich unterscheidet. Ihre ganze Wirkung ist anders, das Flair, die Ausstrahlung. Ich muss gestehen, sie könnte nicht mein Favorit werden, abgesehen von der Alhambra. Aber sie ist in jedem Fall eine Reise wert und die Geschmäcker unterscheiden sich ja bekanntlich. Ein Tag ist sehr wenig für die Vielfalt an Sehenswertem, ein oder zwei Übernachtungen währen durchaus angesagt. Dann bietet sich auch die Gelegenheit, eine der schönen Flamenco-Shows zu besuchen, die im Sacromontestattfinden. Auch sollte man unbedingt auf Details achten, den Blick öffnen für die hübschen Wandmalereien, die filigranen Stuckarbeiten oder auch für die monumentalen Eindrücke der großen Bauwerke. Empfehlenswert ist auch, für eine Reise nicht unbedingt den Winter, sondern eher den Frühling zu wählen, wenn die Bäume wieder Grün sind und in den Gärten des Generalife die Blütenpracht gedeiht. Aber auch der Winter hat seinen unbestrittenen Reiz, wenn sich im Hintergrund die verschneite Sierra Nevada erhebt und der Festungsanlage durch die Tristesse der kahlen Bäume eine besondere Stimmung verliehen wird.

Allgemeine Informationen

Patronato Provincial de Turismo
Plaza Mariana Pineda, 10, 2º
Tel.: 958 247 146
Fax: 958 247 129
E-Mail: turismo@dipgra.es
Internet: www.turismodegranada.org

Oficina de Información Turística
Plaza Mariana Pineda, bajo
Tel.: 958 247 128
Fax: 958 247 127
E-Mail: infotur@dipgra.es

Oficina de Información Turística
Santa Ana, 4 bajo
Tel.: 958 225 990

Sehenswürdigkeiten

Die Kathedrale
Eines der bedeutendsten Renaissance-Bauwerke Spaniens. Entstanden in der Übergangszeit von der Gotik zur Renaissance.

La Capilla Real
Die königliche Kapelle, deren nördliche Fassade nachträglich in die Kathedrale integriert wurde. Erbaut zwischen 1505 und 1521.

La Lonja
Börsengebäude aus dem 16. Jahrhundert. Fassade in platereskem Stil.

La Alcaicería
Ehemaliger arabischer Seidenmarkt, heute mehr ein Souvenirmarkt.

El Albaicín
Stadtteil auf einem Hügel gegenüber der Alhambra, beherbergte im 11. Jahrhundert die königliche Residenz. Dort befinden sich Reste der Mauern der Alcazaba, die TorbögenPuerta Monaita und Puerta Elvira, der Arco de las Pesas, die arabischen Bäder aus dem 11. Jahrhundert und der Palast von Dar Al-Horra. Außerdem die Iglesia del Salvador, die über die Große Moschee Granadas gebaut wurde, die Iglesia de San José, über der Moschee der Alcazaba, die Kirche von San Juan de los Reyes mit zwei Minaretten,Santa Isabel la Real mit Resten eines maurischen Palastes im Inneren, und das Konvent von Santa Catalina mit Resten eines Hauses aus dem 11. Jahrhundert, und noch andere Gebäude mehr.

Sacromonte
Die Höhlen im Klosterberg von Sacromonte waren jahrhunderte lang Wohnstätte der Zigeuner, heute wurden die meisten in Lokale für Touristen umgewandelt und sind Schauplatz von Flamenco-Veranstaltungen. Dort befindet sich auch die Abtei von Sacromonte.

El Corral del Carbón
Arabischen Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert. Das ehemalige Gasthaus wurde 1500 in ein Theater umgewandelt.

Palast der Madraza
Ursprünglich von den Arabern als Universität errichtet wurde es später völlig umgestaltet.

La Cartuja
Barockes Konvent, errichtet 1506.

San Jerónimo
Renaissance-Tempel.

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