Die Sierra Nevada als höchste Gebirgskette des Spanischen Festlandes ist weithin sichtbar, besonders im Winter, wenn sich eine weiße Schneedecke auf die vielen Dreitausender gelegt hat. Beeindruckend erhebt sie sich über die am Fuße liegende Provinzhauptstadt Granada und drängt förmlich auf einen Besuch. Der Kontrast ist ja auch faszinierend. Während an der Küste einige Touristen noch immer ein Sonnenbad nehmen und gelegentlich sogar in das frisch-kühle Wasser springen, preschen keine hundert Kilometer Luftlinie entfernt die ersten Wintersportler über die eisigen Pisten.
Geschichtlich Geologisches
Der Mulhacén ist mit 3.482 Metern der höchste Gipfel der Sierra Nevada, welche selber der zentrale Teil der Betischen Kordillereist. Dieser Gebirgszug zieht sich von der Bucht von Cádiz bis hinauf nach Valencia. Entstanden ist das ganze Faltengebirge dadurch, dass sich die afrikanische Kontinentalplatte unter die europäische geschoben hat. Und die jährlichen kleinen Beben in der gesamten Region beweisen, dass dieser Prozess noch nicht gänzlich beendet ist. Der höchste Gipfel hat seinen Namen von dem maurischen König Abu l-Hasan Ali, auf Spanisch Muley Hacén. Er wurde der Sage nach von treuen Gefolgsleuten auf dem Gipfel begraben, weil er sein Königreich für die Liebe zu Zoraya, einer ehemaligen Sklavin seiner Gemahlin, aufgegeben haben soll. Inzwischen leitet sich der Glamour der Sierra Nevada jedoch nicht mehr von solchen Sagen ab sondern vom edlen Skitourismus, besonders seit 1996 dort die alpine Skiweltmeisterschaft stattgefunden hatte. Extra für dieses Ereignis, dass zwar eigentlich für 1995 geplant war, aber wegen Schneemangel verschoben werden musste, wurde eine ganze Ortschaft,Pradollano (auch Sol y Nieve genannt), aus dem Boden gestampft.
Wintertour
Winter in Südspanien, eine normalerweise eher grüne Angelegenheit bei moderaten Temperaturen, kann in der Sierra Nevada auch anders erlebt werden, wie es sich für die Jahreszeit geziemt, mit Schnee und Eis. So war ich gespannt auf meinen Besuch dieses Gebirges, da ich nicht genau wusste, ob diese Region, besonders um den WintersportortPradollano, auch etwas für Nichtwintersportler zu bieten hatte. Meine Tour ging von der Küste aus zügig über die zu weiten Teilen fertig gestellte Autobahn nach Granada und dann über den Zubringer zur Sierra Nevada. Jetzt ging es hinein ins Gebirge, über eine zwar gut ausgebaute, aber dennoch kurvige Gebirgsstraße. Hier wollte ich aber auch gar nicht mehr so schnell vorwärts kommen, da die Landschaft auf dieser Strecke ausgesprochen ansprechend war. Die Berge erhoben sich gewaltig und teilweise ziemlich schroff über die tiefen Täler, und ich suchte bald den ersten Parkplatz auf, um diesen Anblick zu genießen.
Weiter ging es in die Höhe, noch um ein paar Kurven und plötzlich lagen sie vor mir, die gleißend schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada. Links am Rande das angestrebte Ziel, Pradollano, und von da aus dieses wunderbare Panorama. Ein weiterer Zwischenstopp musste sein, bevor ich der Straße weiter folgte. Auf der ganzen Strecke war der Blick in die Berge frei, sodass meine Vorfreude auf einen Spaziergang durch diese Winterlandschaft immer größer wurde. Schließlich erreichte ich den Ort und parkte den Wagen im ersten Parkhaus gleich am Ortseingang.
Im Ort selber war es noch ruhig, schließlich war die Saison gerade erst eröffnet worden. Das hatte auch zur Folge, dass die Gondeln in die Berge noch nicht in Betrieb waren sondern nur die Skilifte. Also machte ich erstmal einen ausgiebigen Rundgang durch den unteren Teil von Pradollano, betrachtete die modernen Fassaden, die sich ringsherum erhoben und schlenderte vorbei an den vielen einladenden Cafés und Restaurants, hatte aber zu diesem Zeitpunkt noch keinen Appetit auf einen Snack. Statt dessen ging ich näher an die Pisten heran und beobachtete ein wenig die vereinzelten Sportler auf ihren Skiern und Snowboards. Es war deutlich zu spüren, dass es sich wirklich um einen Wintersportort handelte, denn es gab eigentlich außer Hotels, Wintersportbedarf und Restaurants nichts zu entdecken. Aber das machte nichts, denn ich hatte hier auch nichts anderes erwartet. Nur dass die Gondeln noch nicht in Betrieb waren, ärgerte mich doch etwas. Ich konnte mich noch gut an meinen letzten Besuch vor vielen Jahren erinnern, bei dem ich mit einer solchen Gondel über die glitzernden Berge schwebte.
So beschloss ich mit dem Auto weiter nach oben zu gelangen, zunächst auf den Parkplatz am oberen Ende des Ortes. Von dort wollte ich dann mit einem Sessellift weiter, was aber einem unbeskieten Touristen nicht gestattet war, ein Umstand, der mir als Nichtwintersportler gar nicht in den Sinn gekommen war. Aber es war irgendwie logisch, dass diese Lifte nur in einer Richtung zu benutzen waren. So setzte ich mich erstmal zu einer kleinen Pause nieder und betrachtete die Berge ringsum. Dabei untersuchte ich, ob die Straße noch weiter hinauf führte. Ein Blick auf den Plan und danach in die Berge zeigte mir, dass ich noch weiter nach oben konnte. So fuhr ich wieder vom Parklplatz herunter, und vorbei an einer kleinen Rinderherde, die gemütlich auf und neben der Straße Wasser und Gras suchte.
Jetzt folgte ich der Straße weiter hinauf, passierte ein Schild mit dem Hinweis, dass ich mich jetzt auf 2.500 Metern Höhe befand und gelangte an das Ende des Weges. Weiter ging es nicht, denn dort begann das Naturschutzgebiet und Zutritt mit dem Auto war verwehrt. So suchte ich auf dem anliegenden Parkplatz ein Plätzchen und stellte fest, dass hier offensichtlich das Winterparadies für die einfacheren Leute war. In kleinen Holzbuden konnte man sich Schlitten und Snowboards ausleihen, es gab Snacks und Getränke, der ideale Platz, um mit den Kindern einfach mal rodeln zu gehen. Hier war scheinbar sogar mehr los, als nebenan auf den Pisten. Gruppen von Jugendlichen und ganze Familien schrubbten in ausgeliehenen Plastikschlitten den verharschten Hang hinunter und freuten sich des Lebens.
Schließlich folgte ich zu Fuß noch ein Stück der Landstraße, um einen Blick auf die andere Seite des Hanges zu werfen. Und das hat sich gelohnt. Von dort eröffnete sich ein atemberaubender Fernblick in die nördliche Sierra Nevada. Wer gut zu Fuß oder auf dem Fahrrad ist, kann von hier aus der höchsten Landstraße Europas folgen, vorbei am Mulhacén und bis hinüber in die Alpujarras. Ich genoss noch ein wenig die wundervolle Aussicht, bewunderte die faszinierenden Formationen im vereisten Schnee und machte mich dann langsam auf den Rückweg.
Zurück wollte ich eigentlich auf einer anderen Landstraße fahren, um noch ein wenig mehr von der traumhaften Landschaft zu sehen, doch der Weg war gesperrt, vermutlich war er nicht geräumt. So nahm ich dieselbe Straße zurück, blieb aber wieder des öfteren am Straßenrand stehen, um den Blick auf die schneebedeckten Berge und das wundervolle Panorama zu genießen. Die Sonne stand inzwischen tiefer und modulierte so die Berge noch deutlicher. Doch von hinten schob sich langsam eine Wolkendecke über den Himmel und zeigte mir, dass ich mit dem Wetter Glück gehabt hatte.
Mehr als ein Skifahrerparadies
Die Sierra Nevada im Winter hat mehr zu bieten, als nur Wintersport. Dies ist natürlich ein ganz wesentlicher Aspekt, und dank Schneekanonen ein sicheres Geschäft, aber auch nicht so sportliche Mitbürger können hier auf ihre Kosten kommen. Wer einfach nur mal im Schnee stapfen möchte oder mit seiner Familie ein wenig rodeln will, braucht einfach nur ganz nach oben zu fahren, dort ist es richtig familiär. Von dort aus ist natürlich auch eine wunderschöne Wanderung eine Alternative, bei der die Sierra Nevada dann wirklich zu einem richtigen Wintermärchen werden kann. Doch Vorsicht mit den Straßenverhältnissen, wer keine Winterreifen hat, sollte sich zumindest Schneeketten besorgen, denn nicht immer ist die Straße schneefrei wie bei meinem Besuch, das war ein Vorteil der Vorsaison. Überhaupt sollte sich jeder, der mehr die Natur und Ruhe genießen möchte, nicht unbedingt zu den Stoßzeiten dorthin begeben, sondern lieber zu Beginn oder Ende der Saison die wunderbare Winterlandschaft genießen. Normalerweise beginnt die Schneesaison im November und endet im April. Die Gipfel sind sogar häufig noch länger schneebedeckt.
Informationen
Cetursa Sierra Nevada, S.A.
Plaza de Andalucía, Edf. Cetursa C.P.
18196. Sierra Nevada (Granada)
Tel: 902 70 80 90
Fax: 902 62 71 00
E-Mail: sierranevada@cetursa.es
Web: http://www.cetursa.es/ oder http://www.sierranevada.es/
Wanderinformationen
http://www.wandern-in-andalusien.de/html/sierra_nevada.html
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