Sevilla I – Andalusien wie es leibt und lebt

Fernando de Herrera schrieb vor über fünfhundert Jahren über Sevilla: „Du bist nicht Stadt, sondern eine Welt; in dir kann man zusammen bewundern, was woanders verstreut, Teil Spaniens, viel größer als das Ganze.“ Wenn man durch die Gassen dieser großartigen Stadt wandelt, kann man jene Aussage gut verstehen. Vielleicht ist sie heute nicht mehr „größer“ als das Ganze, aber nach wie vor eine überwältigende Ansammlung von allem, was Andalusien und vielleicht sogar ganz Spanien ausmacht.

Große Geschichte

Wie eigentlich überall in Andalusien ging der Lauf der Geschichte auch in Sevilla seinen Gang. Zu Beginn die Phönizier, danach die Römer, die Westgoten und natürlich die Mauren, bei denen sich hier allerdings verschiedenste Dynastien ablösten. Schließlich kamen die Christen zurück, und mit der Zeit wurde Sevilla eine der Handelszentralen Europas und nach der Entdeckung Amerikas das Tor zur neuen Welt. Über die ganze Zeit war die Stadt immer Sitz von großen Regenten und wirtschaftlicher Knotenpunkt. Zwar musste die Stadt ihr transatlantisches Handelsmonopol letztendlich an Cádiz abgeben, weil der Guadalquivir für die großen Schiffe zu sehr versandet war, behielt aber trotzdem eine große wirtschaftliche Bedeutung. Dies zeigte sich auch in den zwei großen Ausstellungen im letzten Jahrhundert, der Exposición Iberoamericana im Jahre 1929 und der Expo 92, genau 500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas.

Der erste Tag

Zugfahren war ja schon immer eine interessante Art der Fortbewegung, aber in neuerer Zeit hat dies doch eine neue Dimension erreicht. Seitdem auch Málaga an das Hochgeschwindigkeitsnetz der RENFE angeschlossen ist, kann man Sevilla trotz Umweg über Córdoba in bequemen zwei Stunden erreichen. Und das mit wunderschöner Aussicht auf die vorbeifliegende Landschaft. Auf dem Hinweg erlaubte ich mir den Luxus und sauste bequem und entspannt mit dem AVANT nach Sevilla und erreichte die Stadt so am späten Vormittag. Anschließend war ich auf die Rückfahrt mit dem Bummelzug am nächsten Tag gespannt.

In Sevilla angekommen besorgte ich mir wie gewohnt einen aktuellen Stadtplan, den ich im Touristeninformationsbüro im Bahnhof bekam. Damit gut ausgerüstet schulterte ich meinen kleinen Rucksack und wanderte in Richtung Zentrum. Schon nach einem guten viertel Stündchen änderte sich das Stadtbild und ich hatte die Altstadt erreicht. Sogleich ging es vorbei an vielen größeren und kleineren Kirchen, die ich jetzt nicht einzeln aufzählen werde, denn es soll davon inSevilla über 130 Stück geben. Doch bei einigen war wieder deutlich sichtbar, dass viele der alten Kirchen auf ehemaligen Moscheen errichtet worden waren. Auf dem Plaza de la Encarnación passierte ich den Rohbau eines riesigen modernen Bauwerks, auf dem später einmal Besucher einen bestimmt umwerfenden Blick auf Sevilla genießen werden können.

Schon auf diesem ersten Weg, der eigentlich nur vom Bahnhof zu meinem Hotel führte, war mir wieder deutlich bewusst, dass diese vielseitige und bunt lebendige Stadt nichts für einen Tagesausflug ist. Nicht ohne Grund hatte ich ein Zimmer in einem kleinen Hotel im Zentrum reserviert, von denen es hier unzählige gab. Ich war zum Einchecken allerdings zu früh angekommen, ließ daher meinen Rucksack dort stehen und wanderte in der Zwischenzeit kurz zur Antigua Estación de Córdoba und dem Museo de Bellas Artes. Die Schlange am Eingang hielt mich allerdings von einem Besuch desselben ab.

Inzwischen war es Mittag, ich konnte in mein Zimmer und bereitete mich dort auf meinen heutigen Rundmarsch vor. Nach einer kleinen Stärkung machte ich mich auf den Weg und wanderte durch die kleineren Gassen zunächst zur Plaza de Toros. Von dort ging ich zum Ufer des Guadalquivir und warf einen Blick hinüber zum Stadtteil Triana auf der anderen Seite des Flusses. An der Uferpromenade ging ich weiter in Richtung Torre del Oro, einem der Wahrzeichen Sevillas, jenem zwölfeckigen Turm, den bestimmt jeder Andalusienbesucher schon in einem Reiseführer oder auf einer Postkarte gesehen hat.

Entlang dem beeindruckenden Palacio de San Telmo bog ich vom Fluss ab, um dann zwischen dem Palast und dem Fünfsternehotel Alfonso XIII zur ehemaligen Tabakfabrik zu gelangen, einer der Größten ihrer Art und Schauplatz der bekannten Oper, deren Hauptperson Carmen bestens bekannt ist. Die gewaltigen Ausmaße des Gebäudes, welches jetzt zur Universität von Sevilla gehört, haben mich schon beeindruckt, hatten sie doch ein Format, das normalerweise Königspalästen gebühren würde. Dabei hatte ich nur eine Ecke umrundet, um danach zum Teatro Lope de Vega abzubiegen.

Von dort marschierte ich in den großen Parque Maria Luisa, um mich ein wenig von dem Marsch zu erholen. Bei sommerlichen Temperaturen von 35º erfrischte ich mich mit einem kühlen Getränk im Schatten der großen Bäume. Ein Brunnen plätscherte gemütlich vor meiner Bank und ich beobachtete die vorbei radelnden Studenten. Der Park war Teil des großen Austellungsgeländes der Exposición Iberoamericana. Dazu gehörte auch die prächtige Plaza de España, welche mein nächstes Ziel war. Bei meinen früheren Sevilla-Besuchen war ich irgendwie noch nie dorthin gekommen, daher war ich gespannt, was mich erwartete.

Über den südlichen Flügel betrat ich das Gebäude und wurde von der pompösen Architektur zunächst fast erdrückt. Ich war mir nicht sicher, ob ich es schön oder eher kitschig finden sollte. Eine Besonderheit dieses Platzes habe ich zu Beginn allerdings gar nicht richtig gesehen, da gerade Renovierungsarbeiten vorgenommen wurden. Rings um den ganzen Platz sind einzelne Nischen mit Keramikbildern für alle großen Städte Spaniens. Als ich später zur anderen Seite kam, in der diese Nischen noch völlig zugänglich waren, hatte das ganze Gebäude plötzlich einen Sinn. So passte der Name Plaza de España, und wirkte wirklich mehr wie ein großer Platz für Spanische Lebensfreude und Kultur, als nur ein verschnörkelter Prunkbau. Es zeigte mir deutlich, wie wichtig der Gesamteindruck mit allen Details war. Der zentrale Platz war außerdem geschlossen, denn dort wurden gerade die technischen Installationen für eine größere Veranstaltung aufgebaut. Dafür bietet der Platz natürlich eine hervorragende Kulisse.

Letztendlich doch wieder begeistert schritt ich dann am Prado de San Sebastian und durch die Jardines de Catalina de Ribera zum ehemals jüdischen Barrio de Santa Cruz. Doch wollte ich mir diesen Stadtteil eigentlich für den nächsten Tag aufsparen. So ging ich mehr zügig hindurch, freute mich aber um so mehr auf den morgigen Spaziergang. Nur die Kathedrale nahm ich noch genauer in Augenschein, da um diese Uhrzeit das Licht schön auf der Fassade lag. Man merkt, dass dies die größte gotische Kathedrale und generell die drittgrößte Kirche überhaupt ist. Beeindruckend erstreckt sich die Fassade entlang der Avenida de la Constitución. Und biegt man am Ende in die Seitengasse und wirft einen Blick durch die Puerta del Pardon, kann man auch das zweite grandiose Portal bewundern und natürlich den Orangenhof und die sogenannte Giralda, das Wahrzeichen Sevillas. Dieser Turm und der Orangenhof sind die letzten Überbleibsel der ehemaligen Moschee, auf der die Kathedrale errichtet worden war.

Etwas müde schlenderte ich schließlich durch die Gassen der Altstadt zu meinem Hotel, um dort noch einmal eine kurze Pause zu machen. Dann ging es noch einmal los, mitten in die Altstadt, mitten in das Treiben des Abends. In den Einkaufsstraßen wurde es langsam ruhiger, dafür füllten sich die Restaurants und Cafés. Nach dem warmen Tag war der kühle Abend eine wunderbare Erholung. Ich kam noch einmal am Plaza de Santa Cruz vorbei, an dem sich der angeblich älteste Tablao Flamenco der Stadt befindet, Los Gallos. Dort war gerade eine Vorstellung vorbei, sodass ich einen kurzen Blick in den Saal werfen konnte, soweit von einem Saal gesprochen werden kann. Auf kleinen Stühlen an kleinen Tischchen sitzt man vor einer kleinen Bühne, die wie ein Patio eines typisch andalusischen Landhauses aussieht. Und dort wird Flamenco vom Feinsten geboten. So war es zumindest bei meinem letzten Besuch und wird es wohl immer noch sein.

Inzwischen war es Nacht geworden, gemütlich luden die Cafés zu einem kühlen Trunk ein, buntes Gewimmel und plätscherndes Gemurmel füllte die engen Gässchen. Ich genehmigte mir noch eine frische Clara, genoss die herrlich andalusische Stimmung und schlich mich letztendlich zurück zum Hotel, um am nächsten Morgen nicht zu spät wieder auf den Beinen zu sein.

Erster Eindruck

Sevilla ist wohl mit die eindrucksvollste Stadt Andalusiens und eine der bedeutendsten Spaniens. Sie ist grandios, bunt, und lebendig, ohne protzig und pompös zu sein. In jedem Fall zu schön und interessant für einen Tagesausflug. Zwei Tage müssen mindestens sein, und das reicht gerade mal, um alles Sehenswerte abzuschreiten. Um genauer hinzusehen, ist mehr Zeit notwendig. Wer sich für Flamenco interessiert, sollte unbedingt eines der Tablaos der Stadt besuchen, empfehlen kann ich aus eigener Erfahrung Los Gallos. Pur und ohne technische Verstärkung wird feinster Flamenco geboten. Aber es gibt mit Sicherheit noch andere Veranstaltungsorte, die ähnlich stimmungsvolle Vorführungen bieten. Werbung wird dafür jedenfalls an jeder Ecke gemacht. Hier gehört Flamenco einfach dazu, wie Sevilla zu Andalusien.

Informationen

Tourismusbüros der Stadt Sevilla

Plaza del Triunfo, 1
Tel.: 954 21 00 05 / 902 07 63 36
Fax: 954 21 08 58
E-mail: infoturismo@prodetur.es
Web: www.turismo.sevilla.org

Aeropuerto de San Pablo. Autopista de San Pablo, s/n
Tel.: 954 44 91 28
Fax: 954 44 91 29
E-mail: otaesevilla@andalucia.org
Web: www.andalucia.org

Estacion de Santa Justa / Avd. Kansas City, s/n
Tel.: 954 78 20 02
Fax: 954 82 20 21
E-mail: otjusta@andalucia.org
Web: www.andalucia.org

Avda. Constitución, 21 B
Tel.: 954 787 578
Fax: 954 787 579
E-mail: otsevilla@andalucia.org
Web: www.andalucia.org

Plaza de San Francisco, s/n – Ayto. de Sevilla (Museo de la Logia)
Tel.: 954 59 01 88
Fax: 954 59 01 88
Web: www.turismo.sevilla.org

C/ Arjona, 28. Naves del Barranco
Tel.: 902 194 897
Fax: 954 229 566
E-mail: barranco.turismo@sevilla.org
Web: www.turismo.sevilla.org

Unterkünfte

Asociación de Hoteles de Sevilla y provincia
San Pablo 1, 2. 41001 Sevilla, España.
Tel.: (+34) 954 221 538
Fax: (+34) 954 561 444
Web: www.hotelesdesevilla.com

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