Von Tele bis Weitwinkel

Digitale Fotografie – Teil 6

Die ‘Gummilinse’, heute besser bekannt unter dem Namen Zoom-Objektiv, ist ein Objektiv, mit dem die Brennweite von Tele bis Weitwinkel stufenlos verändert werden kann. Jede bessere Digitalkamera besitzt heute ein solches Objektiv, meist mit dem Faktor 3, manche bis zu Faktor 10. Dieser Faktor bedeutet den Unterschied zwischen der Brennweite des Weitwinkels und der des Teleobjektivs. Ein 3x Zoom-Objektiv liegt umgerechnet bei ungefähr 28 – 105 mm. Diese Milimeter-Angaben beziehen sich übrigens auf normale 35mm Kleinbildkameras. Dabei hängt die Brennweite des Objektivs mit der Größe des Films zusammen. Da die Aufnahmechips der Digitalkameras bisher um einiges kleiner sind als der Kleinbildfilm, kommt es zu der erwähnten Umrechnung. Bei meiner Fuji FinePix A303 wird das Objektiv mit 5,7 – 17,1 mm angegeben, was den oben genannten 28 – 105 mm einer Kleinbildkamera entspricht, ein Bereich, der für einen normalen Hobbyfotografen durchaus genügt. Ein 28 mm Weitwinkel ist meistens ausreichend, um in engen Gassen und kleinen Räumen trotzdem viel auf das Bild zu bekommen, und ein 105 mm Teleobjektiv holt ein entfernteres Objekt durchaus genügend heran. Das sind auch schon die Haupteigenschaften dieser Objektive, bezogen auf ein sogenanntes „Normal-Objektiv“, das bei 50 mm liegt und dem Blickwinkel des menschlichen Auges entspricht.

In diesem Vergleich zu unserem gewohnten Blickwinkel begründet sich auch, warum Aufnahmen mit Tele oder Weitwinkel nicht unbedingt ‘natürlich’ wirken. Nicht umsonst wird zum Beispiel ein extremer Weitwinkel, der einen Blickwinkel von bis zu 180º haben kann, auch als „Fischauge“ bezeichnet. Berüchtigt ist die gigantische Nase, die eine Person bekommt, wenn sie sehr nah mit einem Weitwinkel fotografiert wurde. Bei Portrait-Aufnahmen wird daher in der Regel ein leichtes Tele mit 80mm verwendet, um der Person ein möglichst natürliches Aussehen zu geben, doch dazu in einer späteren Folge. Heute lieber zu den Extremen, denn die verschiedenen Effekte der einzelnen Brennweiten können auch bewusst eingesetzt werden.

Das Weitwinkel-Objektiv ist zwar sehr nützlich, um Gebäude zu fotografieren, oder in einem kleinen Raum die ganze Familie auf das Foto zu bekommen, doch die Verzerrung ist oft sehr unnatürlich. Es sollte daher mit Vorsicht eingesetzt werden. Bewusst eingesetzt kann der Effekt aber dazu führen, dass ein Haus oder auch ein Gegenstand sehr groß wirkt, oder betont aus der Umgebung herausragt, wie der Briefkasten auf dem Foto. Das zweite Foto zeigt, wie eine sonst oft langweilige Aufnahme einer Fußgängerzone durch denselben Effekt aufgepeppt werden kann. Der Blick fällt nicht mehr auf die Straße an sich, sondern hier auf den Mann mit dem Karren.

Der Hauptzweck eines Teleobjektivs dagegen ist, entfernte Objekte groß auf das Foto zu bekommen, insbesondere wenn es um Tiere geht, dort reicht dann ein 105 mm Objektiv auch nicht mehr aus. Doch auch das Tele hat optische Effekte, die genutzt werden können. Gegenstände, die mit einem starken Teleobjektiv aufgenommen wurden, wirken dicht aufeinander geschachtelt, als wäre überhaupt kein Raum dazwischen. Bei einem 105 mm Tele ist der Effekt noch nicht so ausgeprägt, doch das Foto desselben Briefkastens zeigt deutlich den Unterschied der zwei Brennweiten. Würde der Kasten nicht durch die Beleuchtung betont, würde er sich kaum noch von den Autos abheben. Ein weiterer Effekt des Teleobjektivs ist die geringere Schärfentiefe. So hebt sich ein Gegenstand im Vordergrund gut von dem unscharfen Hintergrund ab. Leider ist auch dieser Effekt bei den kleinen Objektiven der Digitalkameras nicht so ausgeprägt, doch je näher das Objekt und je weiter der Hintergrund entfernt ist, funktioniert der Effekt auch mit einem solchen Objektiv.

Auch hier gilt, wie so oft, Studieren durch Probieren. Probieren Sie aus, was passiert, wenn Sie den gewünschten Gegenstand mit den verschiedenen Brennweiten fotografieren, und studieren Sie hinterher die Ergebnisse. Mit der Zeit bekommen Sie ein Gefühl für die Effekte und können dann schon vorher erkennen, welche Brennweite Sie einsetzen möchten.

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