In Andalusien gibt es eigentlich kaum einen Ort, der nicht gleichzeitig einen Blick in die Geschichte erlaubt. Seien es beeindruckende Kirchen und Kathedralen, geschichtsträchtige Burgen oder prähistorische Überreste. So auch auf dieser abwechslungsreichen Rundfahrt durch drei Ortschaften in der Nähe von Ronda, nämlich Olvera, El Gastor und Zahara de la Sierra. Alle drei haben eine bewegte Vergangenheit und warten mit einigen Besonderheiten auf. Zudem liegen sie in einer wundervollen Landschaft. Die Strecke von Olvera über El Gastor nach Zahara ist eine Reise durch das pure Andalusien, vorbei an Olivenhainen und Pinienwäldern, durch sanfte Hügel und schroffe Gebirge, und als Höhepunkt entlang dem juwelgleichen Stausee von Zahara.
Doch zunächst das erste Ziel, Olvera. Am Besten von Málaga aus über Antequera auf der gut ausgebauten Landstraße in Richtung Jeréz de la Frontera erreichbar, erhebt sich der zentrale Berg mit der Kirche und der alten Festung majestätisch über dem weißen Ort, der im 12. Jahrhundert entstanden ist. Ehemals ein strategisch wichtiger Grenzposten des Königreiches von Granada, diente es während des Unabhängigkeitskrieges auch als Stützpunkt für französische Truppen. Heute ist Olvera ein geschäftiges Städtchen im Herzen Andalusiens. Der Beschilderung zum Castillo folgend, kann man mit dem Auto bis oben auf den Berg fahren. Dort thront die stattliche Iglesia Parroquial de Nuestra Señora de la Encarnación aus dem 19. Jahrhundert. Gegenüber befindet sich das Museum der Festung, zusammen mit dem Informationsbüro und dem Eingang zu eben dieser mittelalterlichen Burg und arabischen Befestigungsanlage aus dem 12. – 14. Jahrhundert.
Wir hatten auf unserem Ausflug leider Pech, denn erstens war es Montag, da sind die meisten Museen geschlossen, außerdem wird die Festung gerade renoviert, und so konnten wir diese auch nicht betreten. Trotzdem bot sich uns von dem großen Platz auf der Anhöhe ein beeindruckender Blick auf die Stadt und die dahinter liegende Landschaft. Der Ort selber ist lebendig und sehr typisch für die Region. Unterhalb befindet sich auch der Ausgangspunkt für die Vía Verde de la Sierra, einer besonderen Attraktion für Wander- und Fahrradfreunde. Eine ehemalige Eisenbahnstrecke, die sich über 36 Kilometer durch 30 Tunnels und über vier Brücken von Olvera bis nach Puerto Serrano schlängelt, wurde als Wanderweg eingerichtet.
Weiter geht die Reise nun von der Umgehungsstraße um Olverain Richtung El Gastor. Jetzt beginnt die erwähnte Fahrt durch pures Andalusien. Eine kleine Landstraße führt, vorbei an Flussläufen, Olivenhainen und alten Landhäusern, durch wundervolle Landschaften. Typische Baumketten, die sich symmetrisch in die Hänge reihen, daneben sanfte Felder, die sich auf unserer Fahrt wie ein grüner Teppich über die Hügel und Täler legten. Anschließend, nachdem die Strecke auf eine weitere Landstraße gewechselt hat, üppige Berglandschaften, durch die sich die Straße nach El Gastorschlängelt.
El Gastor selber wurde offiziell im 16. Jahrhundert von BürgernZaharas gegründet, die dorthin umsiedelten, um die fruchtbaren Felder zu bebauen. Doch schon lange vorher haben dort Menschen gesiedelt, denn es befinden sich dort Dolmen und Gräber aus der Bonzezeit. Allerdings blieb es uns verwehrt, diese zu sehen, da uns die Beschilderung an einer Kreuzung in die verkehrte Richtung lenkte und wir trotz Nachfrage bei den Anwohnern die Dolmen nicht fanden. Dafür aber niedliche kleine Schweinchen, die uns mit ihrer unersättlichen Neugier für die vergeudete Zeit entschädigten. Aber die Dolmen sind auch nicht die einzige Besonderheit dieses Ortes. Neben den üblichen weißen Gässchen und der obligatorischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert befindet sich dort noch ein Denkmal für zwei Flamenco-Künstler, die den Fandango de El Gastor auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht haben, José Marín „Niño de El Gastor“ und Pedro Alberto „El Gastoreño“. Einmal etwas anderes, als die sonst oft so kriegerische Vergangenheit der verschiedenen Orte Andalusiens, die in ihrer Geschichte so vielen verschiedenen Herrschern gedient hatten.
Die Rundfahrt wird jetzt in Richtung Ronda fortgesetzt, eine Strecke, die auf unserer Karte noch nicht eingezeichnet war, weshalb wir den Umweg zurück über die vorherige Strecke gefahren sind. Beide Wege führen jedoch letztendlich zum Embalse de Zahara, einem wunderschönen Stausee, der wie ein Juwel, je nach Blickrichtung, in tiefem Grün oder sattem Blau erstrahlt. Es lohnt sich wirklich, diesen See komplett zu umrunden, um nach Zahara zu gelangen. Die Fahrt wird mit der atemberaubenden Schönheit des Gewässers belohnt. Immer wieder eröffnet sich ein neuer Blickwinkel, ein neues Detail. Mal ein schroffer Berg als Hintergrund, der wie eine naturgewachsene Festung den See überragt, danach eine düstere Kulisse mit einer seltsam unheimlich anmutenden Staffage aus abgestorbenen Baumstümpfen und plötzlich wieder friedliches Labsal in einer durstig kargen Natur.
Inzwischen ragt auch das letzte Ziel über den See hinaus, Zahara de la Sierra, dessen Name von dem arabischen Wort für Blume stammt, zahra. Auch dieser Ort eine der maurischen Enklaven, die sich gegen die christlichen Heere wehrte, im Jahre 1407 von diesen aber erobert wurde. Doch im Jahre 1481 gab es die „Sorpresa de Zahara“, als die Mauren die Stadt überraschend zurück gewannen. Dies soll Ausschlag gegeben haben für den endgültigen Marsch der Christen gegen den König von Granada. Und hier haben wir sie auch wieder, die bewegte und leider oft von Kriegen geprägte Vergangenheit. Doch diesem Umstand verdanken wir auch solch faszinierende Ortschaften wie Zahara de la Sierra, denn nur aus strategischen Gründen wird an einem solch steilen Berg ein Ort errichtet. Wie ein überdimensionales „Z“ windet sich die Stadt unter der alles überragende Festung, von der allerdings nur noch ein Turm steht.
Kleine, steile und schmale Gassen führen kreuz und quer durch den Ort, sodass es den Straßenplanern notwendig erschien, wie in einem großen Parkhaus den Ausweg aus der Stadt zu beschildern. Und so ist es kein Problem, sich in den winkeligen Gässchen zurechtzufinden. Hinein in Richtung Parkplatz, hinaus immer dem Schild Salida folgen, den Rest dazwischen am besten zu Fuß. Besonders auffällig zwischen den weißen Häusern ist der Torre del Reloj, der im 16. Jahrhundert an die Kapelle San Juan de Letrán angebaut worden war, auf deren Vorplatz gemütliche Restaurants zur Pause einladen. Aber auch ein Marsch auf die Festung ist lohnenswert, denn vom Turm aus bietet sich ein unbeschreiblicher Panoramablick über den gesamten See und den anschließenden Parque Natural de Grazalema. Auf diesem Spaziergang wird deutlich, wie groß die Anlage einmal gewesen war. Aber Vorsicht, wenn sie mit kleinen Kindern unterwegs sind, diese unbedingt an die Hand nehmen, da die Wege an den teils steilen Hängen nicht immer abgesichert sind.
So war es wieder ein begeisternder Ausflug in die vielseitige Landschaft Andalusiens, der es immer wieder Neues abzugewinnen gibt. Bleibt zu erwähnen, auch auf dem Rückweg die Route über Antequera nach Málaga zu wählen, um sich die kurvenreiche Strecke über Ronda und die überfüllte Autobahn um Marbella zu sparen, so nicht gerade die westliche Costa del Sol Ausgangspunkt der Reise war.
Sehenswürdigkeiten:
Olvera:
Mittelalterliche Burg, arabische Befestigungsanlage, 12. bis 14. Jahrhundert.
Iglesia Parroquial de Nuestra Señora de la Encarnación, 19. Jahrhundert.
Santuario de Nuestra Señora de los Remedios, 18. Jahrhundert.
El Gastor:
Dolmen und Gräber aus der Bronzezeit, besonders die Dolmen del Gigante
Iglesia Parroquial de San José, 18. Jahrhundert.
Zahara de la Frontera:
Reste der mittelalterlichen Festung und des Bergfrieds, 13. und 14. Jahrhundert.
Torre del Reloj, 16. Jahrhundert; angebaut an die Kapelle San Juan de Letrán.
Iglesia Parroquial de Santa María de la Mesa, 18. Jahrhundert, mit Schatzkammer/Museum.
Karte:
Alle Reiseberichte aus Cádiz & Provinz:
- An der Costa de la Luz – Dünen, Römer und viel Meer
- Cádiz – Atlantisches Andalusien
- Feria de Caballo – Jerez
- Jerez I – Stadt des Sherry und der Pferde
- Jerez II – Eine Reise durch die Zeit
- Los Alcornocales und Castellar de la Frontera
- Sierra de Grazalema
- Tarifa – Die Südspitze Europas
- Über Arcos de la Frontera auf der Ruta de los Pueblos Blancos
- Vía Verde de la Sierra – Auf den grünen Wegen
- Zwischen weißen Städten und grünen Feldern