Jaén – Kastilisches Andalusien

Es war eigentlich die gleiche Geschichte, doch hat sie hier ein anderes Gesicht hinterlassen. Als eine der ersten Rückeroberungen war Jaén mit seiner Festung lange Zeit der Vorposten der kastilischen Königreiche im Kampf gegen das maurische Andalusien. Und heute ist es eine geschäftige Stadt, die sich einen ganz eigenen Charme erhalten hat. Etwas abseits vom allgemeinen Touristenstrom wird Jaén mehr von den wirklich interessierten Reisenden besucht, was den Bewohnern eine gewisse Offenheit erhalten hat. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wird den Besuchern viel geboten: attraktive Sehenswürdigkeiten, wie die Kathedrale, die arabischen Bäder oder die Burg Santa Catalina.

Eine etwas andere Geschichte

Es begann wie üblich, die Karthager fanden Silber und siedelten sich an, die Römer übernahmen den Ort und machten eine Stadt daraus mit dem Namen Flavia. Die übliche Glanzzeit erlebte Jaén in der maurischen Ära, wobei sie aber auch den Anfang des Endes derselben und damit sehr kriegerische Zeiten erlebte. Schon arabische Rebellen machten die Stadt zum Zentrum ihres kleinen Königreiches und trotzten dem Califen von Córdoba. 1246 wurde Jaén schließlich von Ferdinand III. erobert, die Festung wurde verstärkt, die Stadt wuchs heran und behauptete sich standhaft gegen die Versuche der Mauren, sie zurück zu bekommen. So verdiente sie sich den ehrenvollen Titel „Wache und Verteidigung der kastilischen Königreiche“. Aus diesem Umstand heraus wird behauptet, dass die Bewohner Jaéns eigentlich mehr kastilischen als andalusischen Ursprungs seien. Ende des 15. Jahrhunderts starteten die Katholischen Könige von hier aus ihren endgültigen Kampf gegen das letzte maurische Königreich, Granada. Aber auch später sollte die Provinz Jaén noch einmal eine Schlüsselrolle spielen, als 1809 ein spanisches Heer bei Bailén die Truppen Napoleon Bonapartes besiegte und wieder den Anfang des Endes einer Dynastie begründete.

Andalusien einmal klassisch

Die Fahrt von Málaga nach Jaén gestaltete sich einfach und zügig, es ging immer über die Autobahn, die allerdings im letzten Drittel sehr gewöhnungsbedürftig war. Der katastrophale Zustand der Piste wurde allerdings durch die atemberaubende Schönheit der Landschaft mehr als wett gemacht. Doch ich wollte mich nicht aufhalten lassen und erreicht bald die Ausfahr nach Jaén. Jetzt hielt ich mich immer an die Ausschilderung in Richtung Avda. de Granada und danach in Richtung Parkhaus Plaza de la Constitución. Es klappte vorzüglich und ich vergeudete keine kostbare Zeit mit unnötigem Parkplatzgesuche. Um zum Touristeninformationsbüro zu gelangen, musste ich mich zunächst nach dem Weg erkundigen, aber dann war es leicht zu finden. Einfach von der Plaza de la Constitución hinauf zur Kathedrale, und danach die letzte Fußgängerzone nach rechts. Empfehlenswert für alle, die noch Material und einen aktuellen Stadtplan benötigen. So machte ich mich auf den Weg, vorbei am Palacio de los Vilches und der Diputación Provincial zur Kathedrale, und dort von der Plaza Santa María in die Calle Maestra, in der ich auch gleich das Informationsbüro fand.

Weiter ging ich jetzt der Straße folgend tiefer in den ursprünglich arabischenTeil der Altstadt, dessen Gassen schmal und gewunden über den Hügel führten. Die Häuser gestalteten sich als ein buntes Gemisch aus prächtigen Palästen, wie dem Palacio del Contestable Iranzo, größeren und kleineren Kirchen, wie der Iglesia de San Juan, sowie einfachen alten Stadthäusern, dazwischengepropften Neubauten und heruntergekommenen Ruinen, die leider nur noch auf den Abriss warteten. Die Gassen waren teilweise so eng, dass man als Fußgänger des Öfteren in den Eingängen Schutz suchend den vorbeifahrenden Autos Platz machen musste. In diesem Viertel besuchte ich noch die arabischen Bäder, eine der größten noch erhaltenen Anlagen, die sich im Palacio de Villadompardo befand. Der Eintritt war frei, dafür durften keine Fotos gemacht werden. Allerdings war, bis auf den wunderschönen Patio, die Anlage selber zwar sehenswert, aber nicht sonderlich fotogen, sodass ich diese Einschränkung nicht allzusehr bedauerte. Von den Bädern waren hauptsächlich noch die Räumlichkeiten vorhanden, die dafür einen Eindruck von der erstaunlichen Größe dieser Anlage machten.

Anschließend schlenderte ich noch weiter durch die Gassen und kam langsam wieder zurück zum Ausgangspunkt bei der Kathedrale. In einer der Nebengassen fotografierte ich die schönen alten Fassaden einiger hübscher Stadthäuser, als mich ein netter Bewohner beobachtete und mich dann einlud, doch in eines der Häuser zu kommen, in dessen Inneren sich ein klassisch andalusischer Patiobefand. Ich freute mich über diese Aufmerksamkeit, die mir zeigte, dass die Menschen hier noch nicht so tourismusbelastet waren, wie in vielen anderen Städten, wo ich ansonsten eher argwöhnisch beäugt wurde.

Jetzt widmete ich mich ein wenig der Kathedrale, einem ausgesprochen imposanten Bauwerk der Renaissance, das schwer und gewaltig vor der Plaza Santa María thronte, um danach noch dem unteren Teil der Stadt einen Besuch abzustatten. Wieder folgte ich Straßen mit diversen Stadtpalästen und -Häusern, passierte die Iglesia de San Ildefonso, bis ich schließlich zum Parque Alameda de Calvo Sotelo gelangte. Danach ging ich, vorbei am Convento de las Bernardas zurück zur Plaza de la Constitución.

Nun war mein Rundgang durch Jaén eigentlich beendet, doch bevor ich hinauf zur Festung fahren wollte, suchte ich mir noch ein gemütliches Straßencafé, wobei mir angenehm auffiel, dass es vornehmlich Bewohner der Stadt waren, die sich in den verschiedenen Restaurants und Cafés aufhielten, von unangenehmen Touristengruppen war kaum etwas zu sehen. So ruhte ich mich ein wenig aus, genoss ein erfrischendes Gazpacho und wanderte im Geiste noch einmal durch die Straßen. Ich konnte noch schlecht festmachen, was eigentlich den Unterschied zu den vielen anderen Städten ausmachte, die ich bisher in Andalusien besucht hatte. Natürlich hat jede ihren eigenen Reiz, ihren eigenen Stil. Jaén war kleiner als viele der bekannten Metropolen, aber trotzdem großstädtisch und stilvoll. Es war zu spüren, dass sie einmal eine wichtige Rolle in der Geschichte gespielt hatte, und dass sich die Bewohner dessen wohl bis heute bewusst waren. Aber der eigentliche, mehr unterschwellige Unterschied war der offensichtlich nachhaltige Einfluß Kastiliens, der immer noch zu spüren war.

Jetzt machte ich mich aber auf, um den Cerro de Santa Catalina zu erklimmen. Zum Glück konnte ich dies mit dem Auto machen, und gelangte so leicht und ausgeruht oben an. Da die Festung selber noch geschlossen war, wanderte ich zunächst bis zum Cruz del Castillo, von dem aus ein atemberaubender Blick aufJaén und die ganze Umgebung zu bewundern war. In der Ferne sah ich die gewaltigen Berge, in der anderen Richtung schier endlose Felder und Plantagen und direkt unter mir die Stadt selber. Mitten darin die alles überragende Kathedrale, die aber von hier oben nur noch wie ein hübsches Modell ihrer selbst erschien. Ein Weilchen ließ ich die ganze Szenerie noch auf mich wirken, um dann zurück zur Festung zu gehen.

Diese war inzwischen geöffnet und beim Eintreten wurde ich von einer blechernen Ritterrüstung begrüßt, die mir mit theatraler Stimme Einlass gewährte. Sie war ein Vorgeschmack auf das, was mich in der Festung alles erwarten sollte. Doch zunächst war der Eintritt fällig, und danach wurde mir freundlich erklärt, wie ich meinen Rundgang durch die Burg gestalten sollte, um nichts der multimedialen Installationen zu versäumen. Sie reichte von Filmvorführungen über sprechende Gefängnisinsaßen bis zu einer aufwendigen dreidimensionalen Videoprojektion. Es war erfreulich zu sehen, wie aus einer eigentlich unscheinbaren, wenn auch gut erhaltenen alten Burg, ein kleines geschichtliches Erlebnis wurde. Ein gelungenes Ende meines Ausflugs nach Jaén.

Abschluss

Jaén ist ein hübsches Reiseziel, zum Beispiel für einen Tagesausflug, denn die Stadt kann durchaus bequem an einem Tag durchwandert werden und hat für einen Besucher vieles zu entdecken. Oder für einen längeren Aufenthalt, vielleicht im prächtigen Parador hoch oben bei der Festung, denn auch die Umgebung hat einiges zu bieten, von weiteren interessanten Ortschaften bishin zu einer eindrucksvollen Landschaft. Es hat mir jedenfalls viel Freude gemacht, auch diese Stadt kennengelernt zu haben, und der erste Eindruck, der mir immer sehr wichtig ist, war ausgesprochen positiv. Jaén hat eine angenehme Atmosphäre, schöne Sehenswürdigkeiten und ist definitiv nicht überlaufen, sondern einfach voller Leben.

Informationen

Oficina de Turismo de Jaén
C/. Maestra, 13, Bajo
Tel.: 953 313 281 / 282
Fax: 953 313 283
E-Mail: otjaén@andalucia.org
www.andalucia.org

Sehenswürdigkeiten

Kathedrale
Palacio de los Vélez
Convento de Santa Teresa
Arco de San Lorenzo
Palacio de los Vilches
Iglesia de San Bartolomé
Iglesia de San Juan
Convento de Santa Clara
Iglesia de San Ildefonso
Convento de las Bernardes
Rejería de la Capilla de San Andrés
Palacio de Villardombrado
Torreón de los Condes de Torralba
Museo Provincial
Castillo de Santa Catalina

(Alle Angaben ohne Gewähr!)

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