Tarifa – Die Südspitze Europas

Tarifa; sogleich fällt einem ein, dass dies der südlichste Ort Spaniens ist, das Sprungbrett nach Afrika, gleichzeitig aber auch die Durchfahrt ins Mittelmeer. Auf der einen Seite der raue Atlantik, auf der anderen das milde Mittelmeer. Doch hier sind beide noch ungestüm, aufgepeitscht durch die sich immer wieder abwechselnden Winde Poniente und Levante. Doch der Ort hat auch eine raue Geschichte hinter sich, hart umkämpft, Bollwerk nach Süden und Kontrapunkt zum britischen Gibraltar. Auf der anderen Seite hat die Stadt ebenso ihre ruhigen Seiten, kleine gemütliche Gässchen, große Naturparks vor der Tür und lustige Gefährten in der Meerenge. Der Umgebung war schon der letzte Artikel gewidmet, diesmal soll die Stadt selber Ziel der Reise sein, dazu ein Trip auf’s Wasser, Whale watching, ein lohnenswertes Unterfangen für alle Tierliebhaber.

Zunächst wieder ein kleiner Blick in die Geschichte. An der Stelle des heutigen Tarifa müssen schon in der Bronzezeit Niederlassungen vorhanden gewesen sein, aber erst die Römer haben hier mit Julia Traducta die erste bedeutende Siedlung errichtet. Danach haben die Mauren das heutige Stadtbild richtig begründet. Zum Beispiel stammt der Name aus jener Zeit, vom Berberführer Tarif Ibn Malluk, Wegbegleiter eines arabischen Heerführers. Auch das gesamte Stadtbild im alten Kern ist geprägt von der maurischen Bauweise mit kleinen, winkeligen Gassen. Im Jahre 960 wurde vom Kalifen Abd El Rahman schließlich die immer noch hervorragend erhaltene Festung errichtet. Ihr Grundriss lässt darauf schließen, dass sie auf ehemaligen römischen Einrichtungen aufgebaut worden war. Während der arabischen Herrschaftszeit gewann Tarifa aufgrund ihrer wichtigen strategischen aber auch logistischen Lage immer mehr an Bedeutung. 1292 wurde die Stadt von Sancho IV El Bravo, das heißt dem Mutigen, erobert und so dem christlichen Reich unterworfen. Er vertraute die Stadt Alonso Pérez de Guzmán an, der sie auch prompt gegen einen Verräter verteidigen musste, den Thronfolger Don Juan, der sogar König Mohamed II von Granada um Hilfe bat, um Tarifa zu erobern. Da der Angriff erfolglos blieb, entführten die Agressoren den SohnGuzmáns und drohten, ihn zu ermorden, wenn Guzmán nicht aufgeben würde. Darauf sagte dieser: „Wenn ihr kein Schwert habt, um ihn zu töten, nehmt meines.“ Er warf seines herunter, rettete mit dem Opfer seines Sohnes die Stadt und ging als Guzmán El Bueno (der Gute) in die Geschichte ein. Nun war die Stadt bis zum Ende des Nazarenerreiches Grenzstadt zum Königreich Granada, danach Vorposten gegen die Berberpiraten und seit dem 18. Jahrhundert Gegenpol zum britischen Gibraltar. Dabei spielte die ehemalige maurische Festung ständig eine wichtige Rolle, die erst 1989 in zivile Hände übergeben wurde. Jetzt ist sie als das beeindruckende Castillo de Guzmán El Bueno zu besichtigen.

Dies ist der richtige Moment, um auf unseren Ausflug umzuschwenken, denn das Castillo war bei unserem Besuch Tarifas unser erstes Ziel. Nachdem wir die Stadt schnell und problemlos über die mittlerweile unverhältnismäßig teure, neue Autobahn und die kurvige Küstenstraße erreicht hatten, parkten wir direkt am Paseo de la Alameda, versorgten uns im Tourismus-Informationsbüro mit einem Stadtplan und zogen los. Als erstes zur genannten Festung, die sich monumental über den Ort erhebt. In der Tat ein beeindruckendes Bauwerk, das hervorragend erhalten ist und noch ständig weiter renoviert wird. Ein Rundgang führt durch das gesamte Gebäude, in dem auch ein kleines Museum über die Geschichte der Stadt zu finden ist. Der achteckigen Hauptturm schließlich, der über die verbindende Festungsmauer erreicht werden kann, bietet einen wundervollen Panoramablick über die ganze Stadt und über den Hafen bis nach Afrika. Eintrittskarten sind übrigens in der kleinen Libreria gegenüber dem Eingang erhältlich.

Unseren Besuch des Castillo mussten wir leider etwas abkürzen, um noch rechtzeitig im Büro der Schweizer Stiftungfirmm® (foundation for information and research on marinemammals) einzutreffen, die sich seit sieben Jahren der Erforschung der Artenvielfalt und der Verhaltensweisen der Meeressäuger in der Meerenge von Gibraltar widmet. Dort hatten wir Plätze für die nächste Exkursion reserviert, und vor der Ausfahrt wurde allen Teilnehmern noch ein kleiner Überblick der verschiedenen Meeressäuger gezeigt, die sich hier in der Meerenge über das Jahr aufhalten. Da gibt es drei Delfinarten, den Gemeinen Delfin, den Blauweißen Delfin und den großen Tümmler, sowie den Grindwal, die alle ganzjährig zu sehen sind. Aber auch Pottwale lassen sich zwischen April und August immer wieder blicken, sowie Schwertwale (Orcas), welche im Juli und August auftauchen. Die letzteren waren es auch, die uns unseren Ausflug etwas vermasselt haben, da sie zwei Wochen zu früh gekommen waren.

Das Problem dabei ist, dass die Orcas bei der Ankunft in Tarifa hungrig sind. Daraufhin treten alle anderen den Rückzug an und verstecken sich solange, bis die Schwertwale einigermaßen gesättigt sind. Daher bekamen wir keine Grindwale zu sehen. Da die Orcas in der Anfangszeit aber auch viel unter Wasser jagen, waren sie ebenfalls nicht zu sehen.So fuhren wir, erst einem Funkruf folgend, der Delfine nahe der marokkanischen Küste verhieß, beinahe hinüber bis nach Afrika. Danach kehrten wir aber um in Richtung Gibraltar, wo wir, dank der guten Spürnase von Katharina Heyer, der Präsidentin der Stiftung, Blauweißen Delfinen begegneten, welche zwar die kleineren Vertreter ihrer Gattung hier in der Meerenge, dafür aber besonders schön gezeichnet sind.

Sie schienen mir ziemlich verspielt und schossen rings um unser Boot immer wieder aus dem Wasser, drehten sich in der Luft und klatschten wieder hinein ins Meer. Offenbar hatten sie auch keine Angst, gehört es doch zur Devise von firmm®, den Tieren niemals zu nahe zu kommen, es sei denn sie tun es selber. Respectful whale watching, oder sanfter Ökotourismus wird dies genannt, eine vernünftige und sinnvolle Strategie, die auch den Exkursionsteilnehmern zeigt, wie wichtig der nötige Respekt vor den Tieren unseres Planeten ist.

Bei unserem Gespräch nach dem Ausflug erzählte uns die Präsidentin Katharina Heyer noch, dass die Stiftung jetzt auch in Marokko einen Sitz hat, und dort mit Unterstützung der Regierung das einzigartige Dolphin Resort Ras Lafloukaaufbauen will. Eine kleine Bucht, direkt gegenüber von Tarifa, wird mit einer modernen Unterwasser-Netzanlage gesichert, um so Delfine aus der Gefangenschaft langsam wieder an das natürliche Leben zu gewöhnen und in die freie Wildbahn zurückzuführen. Außerdem wird ein Rescue-Center für gestrandete Delfine und eine weitere Beobachtungsstation errichtet. Dazu soll es noch ein Info-Center und ein Hotel mit Restaurant und Bungalows für Besucher der Einrichtungen geben. Diese können dann Exkursionen, Vorträge und Kurse besuchen. Delfin-Shows oder -Therapien wird es allerdings keine geben, denn das würde den Grundsätzen der Stiftung widersprechen.

Doch zurück nach Tarifa, zum kleinen Büro der Stiftung in derC/. Pedro Cortés 4, direkt hinter dem Café Central an der großen Straße vor der Kathedrale. Nach dem Ausflug in die Wellen hatten wir doch gehörigen Hunger bekommen und setzten uns in das nahe gelegene Restaurante Morilla, um uns mit guter spanischer Fischküche verwöhnen zu lassen. Danach bewunderten wir die Fassade der Iglesia de San Mateo, und schlenderten noch durch die kleine und gemütliche Stadt. Besonders schön zu betrachten waren, wie in so vielen andalusischen Städten, die einladendenPatios, die sich beinahe hinter jedem Hauseingang befinden. Am nördlichen Ende der Altstadt besichtigten wir diePuerta de Jerez, ein Tor aus der Zeit der christlichen Rückeroberung, als der ummauerte Stadtkern bis dorthin erweitert worden war. Auf der östlichen Seite befindet sich noch ein gut erhaltenes Stück der Mauer selber, und im Süden kann der Spaziergang auf der Seite zum Meer fortgesetzt werden, mit einem schönen Blick auf die Festung und den Hafen mit der vorgelagerten Isla de Tarifa o de Las Palomas, auf der sich der Leuchtturm befindet.

Wir beendeten unseren Spaziergang durch Tarifa auf demPaseo de la Alameda, an dem wir das Auto geparkt hatten. Anschließend fuhren wir noch kurz auf den Damm, der die Stadt mit der erwähnten Insel verbindet, die jedoch leider nicht betreten werden kann. Aber die Straße führt direkt bis an die Insel heran und man steht dann genau zwischen dem Atlantik und dem Mittelmeer. Wir genossen noch kurz den Blick auf Tarifa einerseits und den scheinbar endlosenPlaya de los Lances andererseits. Mit vielen Eindrücken und einer Menge Fotos im Kasten verließen wir unser Reiseziel um in Richtung Málaga zurückzufahren. Diesmal hatten wir am Aussichtspunkt vor Algeciras mehr Glück und blickten ein letztes Mal für heute zum benachbarten Kontinent. Eines war mir auf der Rückfahrt klar, mit der Stiftungfirmm® werde ich bestimmt noch öfter Exkursionen machen. Diese wunderbaren Meeressäuger in natura zu sehen, wie sie friedlich und voller Freude durch das Wasser ziehen, ist für mich einfach begeisternd. Aber auch Tarifa selber ist ein hübsches Reiseziel mit einem sehr angenehmen Flair. Beides zusammen ergibt eine wundervoll abgerundetete Tagestour, wobei es unbedingt empfehlenswert ist, die Exkursion vorher zu reservieren und kurzfristig noch einmal nachzufragen, ob der Termin günstig ist, oder lieber um ein paar Tage verschoben werden sollte. So steigen die Chancen, die schönen Tiere besser zu sehen zu bekommen.

Informationen

Oficina de Turismo
Paseo de la Alameda, s/n
Tel.: 956 680 993
Öffnungszeiten (im Sommer):
Mo. – Fr.: 10:00 – 14:00 und 18:00 – 20:00 Uhr
Sa. und So.: 9:30 – 15:00 Uhr

Centro Cultural
C/. Amor de Dios, s/n
Tel: 956 684 689
Internet: www.tarifaweb.com

Sehenswürdigkeiten

Castillo de Guzmán El Bueno
Festung aus dem 10. Jahrhundert.
C/. Guzmán El Bueno

Iglesia de Santa María
Plaza del Ángel

Iglesia de San Mateo
aus dem 16. Jahrhundert.
C/. Coronel Moscardó / C/. Sancho IV El Bravo

Puerta de Jerez
Avda. Andalucía / C/. Jerez
Santuario de Nuestra Señora de la Luz
aus dem 18. Jahrhundert, am Ortseingang.

Whale Watching

firmm®
C/ Pedro Cortés. 4
Tel.: 956 627 008 und 619 459 441
E-Mail: firmm98@aol.com
www.firmm.org

Aventura Marina
Avda. Andalucía, 1
Tel.: 956 054 626 und 609 594 020
E-Mail:avistamientos@aventuramarina.org
www.aventuramarina.org

Ballenas a la Vista (Whalewatch)
Avda. de la Constitución, 6
Tel.: 956 627 013, 639 476 544 und 670 796 508
E-Mail: whalewatchtarifa@whalewatchtarifa.org
www.whalewatchtarifa.org

Turmares
C/ Alcalde Juan Nuñez
Tel.: 956 680 741, 696 448 349 und 696 448 947
E-Mail:turmares@turmares.com
www.turmares.com

Tauchzentren

Aventura Marina
Avda. Andalucía, I
Tel.: 956 054 626, 609 594 020 und 610318317

Cie’s
Puerto Pesquero, 21 und 22
Tel: 609 718 115 und 630 234 426

Club Scorpora
Puerto Pesquero, 15
Tel.: 956 680 576 und 629 546 177

Tarifa Diving
Avda. de la Constitución, 10 und Alcalde Juan Nuñez. 8
Tel.: 956 681 925 und 639 186 070

Yellow Sub-Tarifa
C/ Covadonga
Tel.: 956 680 680 und 655 813 064

(Alle Angaben ohne Gewähr!)

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