Portrait Karin Hildebrandt

Mit der Malerei hat sie mehr aus Spaß begonnen, ein hässlicher Blechschrank für Gasflaschen sollte verschönert werden. Gedacht, getan – und schon war ein neues Medium entdeckt. Als nächstes wurden Wände bemalt und schließlich ging es an die Leinwand. Doch so einfach ist es natürlich nicht. Wie Karin Hildebrandt mir erzählte, war die Kunst schon immer ihr Steckenpferd. Als sie damals in Norddeutschland ihr Abitur gemacht hatte, überlegte sie, Kunst oder Kunstgeschichte zu studieren, entschied sich dann aber doch für eine ganz andere Richtung, die Sonderpädagogik, speziell für Lern-, Körper- und Sprachbehinderte. Besonders gefallen habe ihr bei dieser Tätigkeit, dass die Brücke zu den Behinderten sehr oft in künstlerischen Tätigkeiten zu finden gewesen wäre, sei es Malerei, Kindergeschichten oder Theater, denn diese Kinder haben oft eine besonders ausgeprägte Gefühlswelt. Dabei sei immer eine sehr direkte und offene Sprache nötig gewesen, die sich auch heute noch in ihren Kindergeschichten wiederfindet, welche sie zum Beispiel für Der Marktplatz schreibt.

Vor einigen Jahren wurde ihre erfüllende Arbeit als Lehrerin aber durch einen schweren Reitunfall abrupt beendet, kurz nachdem sie sich mit ihrem Mann ein wunderschönes Haus in Spanien geleistet hatte. Es dauerte ein paar Jahre, wieder einigermaßen auf die Beine zu kommen und so fiel der Entschluss nicht all zu schwer, immer mehr Zeit hier im Süden zu verbringen, tut das Klima schließlich noch das Seinige. Durch die viele Zeit und Muße, die sie hier vorfand, ergab sich die Chance, neben dem Schreiben auch die Malerei als Ausdrucksmittel zu entdecken.

Bei unserem Treffen wollte ich zunächst ihre Bilder sehen, um einen direkten und unbeeinflussten Eindruck zu gewinnen. Ich muss sagen, dass mich deren Fröhlichkeit besonders beeindruckte. Sehr plakativ, mit kräftigen, aber harmonierenden Farben, laden sie zu einem gedanklichen Spaziergang ein. In unserem Gespräch bezeichnete Karin Hildebrandt ihre Bilder als surreal naiv, eine meiner Meinung nach passende Einschätzung. Sie bevorzugt echte Ölfarben wegen ihrer kräftigen, leuchtenden Farben, und ihr Ziel ist mehr der Ausdruck als die Wiedergabe von etwas Vorhandenem. Ihre Bilder seien wie kleine Geschichten, die genügend Freiraum lassen, damit sich jeder auch seinen eigenen Teil denken kann. Auch tauchen immer wieder gewisse Symbole auf, die für sie ganz bestimmte Dinge versinnbildlichen. Zum Beispiel finden sich Häuser in ihren Bildern, krumm und schief, die ihr Geborgenheit von Familie und Freundschaft vermitteln. Oder der Vogel, immer wieder ein passendes Symbol für Freiheit, aber dieser ist auch neugierig und ein wenig frech. Und schließlich noch zwei Merkmale, die ihr viel bedeuten, Augen und Mund, beide stehen für Kontakt und Kommunikation. Auch die Art und Weise, wie ihre Bilder entstehen, erinnert an das Schreiben von Geschichten. Sie habe, so schilderte sie, natürlich eine Grundidee und fertige auf der Leinwand auch eine grobe Skizze an, aber wie das Bild wirklich aussähe, zeige sich erst, wenn es ganz fertig sei. So ließe es ihr auch keine Ruhe, bis sie es zu Ende gemalt habe.

Auf die Frage, was sie in Zukunft machen wolle, sagte Karin Hildebrandt, dass sie natürlich auch weiterhin schreiben und malen wolle, doch würde sie sich gerne noch ein wenig intensiver mit der Bildhauerei beschäftigen. In ihrem Garten sind schon einige sehr originelle Skulpturen zu finden, die ihren Bildern in ihrer Art sehr ähnlich sind. So bin ich gespannt und hoffe, ihre neuesten Werke einmal an einem Tag der offenen Tür sehen zu können, den sie und ihr Mann ins Auge gefasst haben. Dann wollen sie direkt vor Ort, wahrscheinlich gemeinsam mit ein oder zwei anderen Künstlern, eine Ausstellung arrangieren. Wenn es soweit ist, wird es bestimmt einen Hinweis hier in Der Marktplatz geben, um zu diesem Tag einzuladen.

Alle Artikel dieser Reihe: