Winter in Südspanien

Winter in Andalusien, kann man davon überhaupt reden? Viele flüchten aus dem kalten Deutschland, um hier im Süden Zuflucht zu finden. Doch es sei gewarnt. Auch hier kann es sehr ungemütlich und kalt werden. Die Temperaturen können in der Nacht bis nahe an den Gefrierpunkt absinken und etwas höher in der Sierra Nevada gibt es auch Schnee und Eis. Doch ist es mehr eine Frage der Einstellung und Ausstattung, ob der Winter hier gemütlich oder unerträglich ist.

Schneebedeckter MarumaDie kalte Jahreszeit ist vielleicht eine bessere Bezeichnung für die Monate Oktober bis März. Regenzeit wäre vielleicht auch noch passend, denn diese beiden Attribute kennzeichnen diesen Zeitraum. Die Temperatur fällt gehörig ab und der ersehnte Regen kommt. Dieses Jahr war es allerdings noch lange warm, selbst Anfang November war Frühstücken auf der Terrasse durchaus möglich, außer für chronische Frühaufsteher. Dafür kam der Regen danach um so heftiger. Überschwemmte Straßen, vollgelaufene Garagen und viele Unfälle waren die Folge. Gleichzeitig kühlte es gewaltig ab und auch hier wurden endlich die Heizungen angeworfen; allerdings nur, wenn man eine solche hat. Meistens muss man sich mit einem Gasofen begnügen, der zwar etwas unangenehm riecht, dafür aber eine intensive Wärme verbreitet und zu alledem auch noch recht kostengünstig ist. Wer hier eigene vier Wände besitzt, sollte sich aber doch einmal Gedanken darüber machen, ob sich nicht die Investition in ein Heizungssystem lohnt. In einem Neubau ist das relativ einfach, aber in einem typischen andalusischen Altbau wird es schon schwieriger. Schnell wird deutlich, dass die Kälte früher ein echtes Problem war, und in vielen armen Regionen Spaniens heute noch ist.

Heizungen gab es nicht, die Häuser waren undicht und feucht, die Fenster hatten zwar Rahmen und Klappläden, aber Glas war Luxus. Das wärmste Zimmer war die Küche und ansonsten standen vielleicht noch kleinere Öfen in den anderen Zimmern. Noch heute bekommt man die einfachste Form des Ofens in den Ferreterías und großen Supermärkten. Kleine runde Tonnen aus Blech, ein Deckel um das Holz hinein zu tun und eine Öffnung unten für Luftzufuhr und zum Reinigen, einfach und billig. Noch einfacher war allerdings die „Holzkohle-in-Pfanne-Technik“. Man nimmt eine ausgediente Paellapfanne, zündet darin im Freien ein Feuer an und nimmt, sobald sich nur noch heiße Glut darin befindet, die ganze Pfanne mit in die Wohnung, stellt sie unten in den Tisch, eine dicke Decke darüber, die Füße darunter, wunderbar. Nun ja, darüber lässt sich streiten. Diese Tradition ist aber offensichtlich noch so beliebt, dass es diese Pfanne mit Glut auch als elektrische Version gibt, die dann in die Tische mit den großen runden Löchern in der unteren Platte gestellt werden. Kalte Füße passé.

Überflutete FelderDas zweite große Problem – auch heute noch – sind die Unmengen von Wasser, die sich bei einem „normalen“ Regen auf das Land ergießen. Es ist jedoch immer wieder erstaunlich, wie wenig hier eigentlich im Vergleich zu anderen Regionen Europas passiert, wenn diese sintflutartigen Regengüsse herniederprasseln. Nicht ohne Grund werden die vielen Rio Secos, das heißt die ausgetrockneten Flussbetten, die sich überall befinden, gehegt und gepflegt. Nur wenige waren bisher so dumm und haben ihr Haus zu dicht an einem solchen Ufer gebaut, denn im Winter entstehen hier mitunter reißende Flüsse. Es ist unglaublich, in diesem sonst so trockenen Land Wasser ohne Ende!

Kleewiesen im WinterDoch es gibt nicht nur Probleme. Wer gelernt hat, mit Regen und Kälte auszukommen, wird von der Natur reichlich belohnt. Während im Norden der Winter grau in grau ist, beginnt es hier zu sprießen. Als erstes kommt der Klee, der die Hügel wie mit einem Teppich belegt, erst grün und dann leuchtend gelb. Danach beginnen die Gräser zu wachsen, und ist die Regenzeit lange genug, werden die Berge bis in die obersten Regionen von frischen grünen Wiesen bedeckt. Ein wundervoller Anblick, es bestätigt sich der Ausdruck „liebliches Andalusien“.

Fazit: Es gibt einen Winter in Südspanien. Er ist nass und kalt, wenn nicht gerade die Sonne scheint. Und besonders kalt ist es für die ständig hier Wohnenden, von 35º auf 15º sind immerhin auch 20º Grad Unterschied. Doch genießt man die häufig scheinende Sonne, setzt sich abends an den bullernden Ofen und erfreut sich an der frisch erwachenden Natur, ist der Winter hier leicht zu ertragen.